Hamburg . Tianzhuo Chen präsentiert mit „An Atypical Brain Damage“ in Hamburg eine Pop-Oper über die globalisierte Welt.

Die Kunst des jungen chinesischen Theatermachers Tianzhuo Chen speist sich aus einer innigen Liebe zu Pop, Clubkultur, Mode und allerlei anderem Subkulturellem. Für die Eröffnungspremiere der neuen Saison auf Kampnagel mit „An Atypical Brain Damage“ hat er die Bühnensituation kurzerhand aufgelöst. Und die K6 in einen Performance-Club verwandelt.

Zu soft wummernden Euro-Techno-Beats von Dis Fig streifen die Zuschauer von einer Station zur nächsten, schauen, staunen und genehmigen sich kühle Drinks an der Bar. In der Bühnenmitte qualmt ein mit Chanel-Logos beklebtes Polizeiauto auf einer Wüstenpiste beunruhigend vor sich hin. Ein Tänzer spreizt als weiß gekalktes Tierwesen mit umgeschnalltem Gerippe die Arme. Ein nur mit Lackschürze bekleideter Performer macht zwei Leichen, gespielt von den Zwillingsbrüdern Le Brothers, hübsch. Schließlich rackert sich eine Performerin in traditioneller Kleidung an einem Waschbrett ab. Das tut sie in einer märchenhaften Holzhütte – aber mit leuchtendem Apple-Logo.

Eigenwillig bemalte Figuren

Tianzhuo Chen, Jahrgang 1985, versteht das Spiel mit den Oberflächen der Popkultur zwischen West und Ost, (auch spiritueller) Tradition und Vision, Kitsch und Kommerz, Drag-Kultur und Buddhismus perfekt. Er ist ganz ein Kind der sozialen Medien, in der alles ineinanderfließt und aus vermeintlichen Gegensätzen etwas Neues entsteht. Ganz nebenbei hinterfragt er Sichtweisen auf das jeweils Fremdartige. Die Show kommt lange ohne Text aus; die braucht es auch nicht, man lässt einfach die Bilder und die Atmosphäre der Installation auf sich wirken und den Assoziationen freien Lauf.

Zum Ende hin nötigt Tianzhuo Chen seinen eigenwillig bemalten und geschmückten Figuren dann doch so etwas wie eine Erzählung auf. Eine Performerin schwadroniert von innerer Leere. Ein Verbrechen mündet in einen wilden Party-Showdown in der Wüste – und ewige Verdammnis.

Das ist zwar ein bisschen viel des Guten, passt aber wiederum zu dieser disparaten Pop-Oper, die auf eigenwillige Weise eine Menge über unsere Zeit und über Identitäten in einer globalisierten Welt erzählt.

Tianzhuo Chen: „An Atypical Brain Damage“ Sa 29.9., 20.00, Kampnagel, Jarrestraße 20–24, Karten unter T. 27 09 49 49; weitere Infos: www.kampnagel.de