Hamburg. Kultursenator Carsten Brosda stellte zum Auftakt eine Untersuchung zum musikalischen Konsumverhalten vor.
Musik, Musik, Musik. Der aktuelle Terminkalender von Carsten Brosda liest sich wie der eines Rockstars auf Tour. Im Zweifel findet man ihn derzeit irgendwo auf dem Reeperbahn Festival. Bereits am Dienstag eröffnete Hamburgs Kultursenator eine Werkschau des Grafikers, Musikers und Beatles-Weggefährten Klaus Voormann auf dem Heiligengeistfeld mit einer leidenschaftlichen Rede: „Die Stadt ist in Bewegung, angetrieben durch die Energie der Popkultur, denn um ehrlich zu sein: Manchmal sorgt eine durchgetanzte Nacht im Club eher für Kulturverständnis als zehn Seminare an der Universität.“
Gleichwohl sind auch Zahlen, Fakten und Analysen wichtige Noten auf der Klaviatur der deutschen Popkultur. Am Mittwoch gab Brosda den offiziellen Startschuss für die auf drei Jahre ausgelegte Langzeitstudie „Musiknutzung in Deutschland“, beauftragt von zahlreichen Interessensverbänden wie etwa dem Bundesverband Musikindustrie und dem Verband der deutschen Konzertdirektionen, unterstützt von der Hamburger Behörde für Kultur und Medien sowie der Initiative Musik.
Ein Team unter der Leitung von Michael Clement vom Institut für Marketing an der Universität Hamburg erhebt halbjährlich Daten zum Musik-Konsumverhalten von 5140 Deutschen zwischen 16 und 70 Jahren: Welche Musik hören sie wie lange über welches Medium? Wie viel Geld geben sie dafür aus? Welche und wie viele Konzerte besuchen sie? Daten zu Künstlern, Texten, Tonqualität, Musikgeschmack oder Musikbildung werden Teil einer Sinfonie aus Zahlen und Grafiken.
Konzerte sind oft teuer, aber dennoch äußerst beliebt
Die Ergebnisse der ersten Erhebungsrunde, vor drei Wochen gesammelt und am Mittwoch im Rathaus vorgestellt, sind nicht überraschend, aber aufschlussreich: 21 1/2 Stunden Musik hören die Deutschen in der Woche, und das überwiegend im herkömmlichen Radio (9 Stunden 42 Minuten), über gespeicherte digitale Musikdateien (3 Stunden 33 Minuten) und kostenpflichtige Streaming-Dienste (2 Stunden 11 Minuten). Nur noch 1 Stunde 42 Minuten entfallen auf CDs und Vinyl-Schallplatten. Festzustellen ist darüber hinaus eine sinkende Popularität von Internet-Radiosendern, sie haben unter dem Trend zum Musik-Streaming zu leiden.
Auch wenn die Deutschen im Durchschnitt nur eine halbe Stunde in der Woche auf Konzerten verbringen, so ist das unmittelbare Erlebnis von Künstlern und ihrer Musik für sie wertvoll: Für ein Musikalbum, das jederzeit und immer wieder gehört werden kann, wären sie bereit, zwischen 7,47 Euro (digital) und 13,76 Euro (CD, Vinyl) auszugeben. Für ein Konzert, ein einmaliges, meist um 90 Minuten langes Erlebnis, hingegen würden sie 45,69 Euro ausgeben. Knapp ein Drittel der Deutschen besucht übrigens keine Konzerte, sei es aus Desinteresse oder aus finanziellen Gründen.
Drei Stunden Diskussion, dann vier Tage Musik
Drei Stunden lang diskutierten Experten, Musiker, Carsten Brosda und der Erste Bürgermeister Peter Tschentscher die Zahlen beim „Musikdialog“ im Vorfeld des Reeperbahn Festivals, das Tschentscher am Abend im Schmidts Tivoli eröffnete: „Hamburg ist für vier Tage Mittelpunkt der populären Musikwelt. Unsere Stadt hat die größte Clubdichte in Deutschland, und St. Pauli ist mit seinen einzigartigen Spielorten rund um die Reeperbahn ein idealer Standort für das Festival.“
420 Bands spielen bis Sonnabend auf St. Pauli vor erwarteten 35.000 Musikfans und 5000 Fachbesuchern. Dazu kommen ab Freitag noch drei Tage Rockspektakel auf dem Rathausmarkt und die Hamburg Metal Dayz in der Markthalle. Die Stadt ist Musik, und Brosda empfahl schon bei der Voormann-Vernissage: „Lasst uns aufstehen, Spaß haben und durch die Nacht tanzen und die Kunst und Musik beim Reeperbahn Festival genießen.“
Reeperbahn Festival Do 20.9. bis Sa 22.9., 1-Tag-Ticket ab 45,- (Do ausverkauft), 2-Tage-Ticket 79,- (Fr/Sa), 3-Tage-Ticket 89,- (Do–Sa), Ticketdesk am Festival Village Heiligengeistfeld; reeperbahnfestival.com