Hamburg. Illies soll von Januar 2019 an die Geschicke des Unternehmens leiten. Seinen beruflichen Horizont hat er kontinuierlich erweitert.
Für viele Rowohlt-Mitarbeiter begann der Mittwochmorgen mit einer unerwarteten Nachricht: Bei einer überraschend angesetzten Mitarbeiterversammlung wurden sie darüber informiert, dass Florian Illies zum 1. Januar 2019 verlegerischer Geschäftsführer beim noch in Reinbek ansässigen Verlag wird. Die Holtzbrinck Buchverlage, zu denen Rowohlt gehört, teilten mit, Illies solle das Haus zusammen mit Peter Kraus vom Cleff führen, der kaufmännischer Geschäftsführer bleibe. Jürgen Welte werde weiterhin Geschäftsführer für Marketing und Vertrieb sein.
Florian Illies wurde zunächst als Bestsellerautor bekannt. Im Jahr 2000 erschien sein Buch „Generation Golf“, in dem er ein kritisches Bild der um das Jahr 1970 geborenen Menschen zeichnet, zu denen der 47-Jährige auch selbst gehört. Ein großer Erfolg war auch sein historisches Panorama „1913: Der Sommer eines Jahrhunderts“. Schon vor dem Millennium arbeitete der Autor als Redakteur im Feuilleton der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. „Florian Illies ist ein seltener Glücksfall für Rowohlt. Er kennt die Buchbranche aus der Sicht des Autors ebenso wie als umfassend interessierter Journalist“,
„Illies ist ein seltener Glücksfall für Rowohlt“
Seinen beruflichen Horizont hat er seitdem kontinuierlich erweitert. Er wurde Feuilleton-Chef der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“. 2004 gründete Illies mit seiner Ehefrau Amélie von Heydebreck die Kulturzeitschrift „Monopol“, wurde ihr Herausgeber und Chefredakteur. 2008 ging er zur „Zeit“, ein Jahr später wurde er einer der Leiter des Ressorts Feuilleton und Literatur. 2011 wurde er Gesellschafter bei der Villa Grisebach, einem Berliner Auktionshaus für Kunst. Im vergangenen Jahr rückte Illies dann ins Herausgeber-Gremium der „Zeit“.
„Florian Illies ist ein seltener Glücksfall für Rowohlt. Er kennt die Buchbranche aus der Sicht des Autors ebenso wie als umfassend interessierter Journalist“, sagte Joerg Pfuhl, Vorstandsvorsitzender der Holtzbrinck Buchverlage. Die bisherige Geschäftsführerin Barbara Laugwitz, die den Verlag seit 2014 leitet, verlässt Rowohlt, weil es „unterschiedliche Vorstellungen über den weiteren Weg“ gab, so Pfuhl, der ihre Arbeit aber ausdrücklich würdigte: „Sie hat in einem schwierigen Markt immer wieder große Erfolge bei Rowohlt verwirklicht. Ich bin ihr für ihr unermüdliches Engagement sehr dankbar.“ Laugwitz’ Vorgänger als Verlagsleiter waren unter anderem Michael Naumann, Nikolaus Hansen und Alexander Fest.
Gegengift zum Handy
Florian Illies sagte: „Die Bücher des Rowohlt Verlags, seine Autorinnen und Autoren, begleiten mich intensiv seit meiner Jugend. Ich empfinde es deshalb als Ehre und Freude, künftig für sie – gemeinsam mit allen Menschen, die bei Rowohlt arbeiten – da sein zu dürfen. Und den Verlag in die Zukunft zu führen.“ Die Zukunft der Buchbranche sehe er optimistisch: Im Gespräch mit „Spiegel Online“ sagte er: „Man muss das Buch nicht schützen, es ist vital und geheimnisvoll und unzerstörbar. Aber es muss seinen Platz behaupten, muss es schaffen, attraktiver zu sein als der Blick zum Handy, ein Gegengift quasi.“
Zur Holtzbrinck-Gruppe gehören auch die Verlage S. Fischer, Kiepenheuer & Witsch und Droemer Knaur. Zu den aktuellen Autoren von Rowohlt zählen Jojo Moyes, Paul Auster, Jeffrey Eugenides, Heinz Strunk, Martin Walser und Eckart von Hirschhausen.
Rowohlt ist einer der großen deutschen Verlage und wurde 1908 in Leipzig gegründet. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten wurden die Hälfte der Titel des Hauses beschlagnahmt, verbrannt oder verboten. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Verlag von Heinrich Maria Ledig-Rowohlt in Stuttgart neu gegründet. 1950 wurde Hamburg Verlagssitz, seit 1960 ist Rowohlt in Reinbek im Kreis Stormarn ansässig. Im Haus erscheinen sowohl Belletristik als auch Sachbücher.
Im November zurück in die Hansestadt
Zu den Rowohlt-Verlagen zählen auch Wunderlich, Rowohlt Berlin und Kindler. Die zweite Säule des Unternehmens ist rororo, der Rowohlt Taschenbuch Verlag. Rowohlt erlangte nach dem Zweiten Weltkrieg durch den Rotationsdruck für Taschenbücher, die ab 1950 im kleinen Oktavformat erschienen, große Bekanntheit. Die ersten Bände waren Hans Falladas „Kleiner Mann, was nun?“, Graham Greenes „Am Abgrund des Lebens“, Rudyard Kiplings „Das Dschungelbuch“ und Kurt Tucholskys „Schloß Gripsholm“.
Seit 1982 gehört Rowohlt zur Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck. Im November soll der Verlag mit seinen rund 150 Mitarbeitern zurück in die Hansestadt kommen und ins Bieberhaus am Hauptbahnhof ziehen, in dem auch das Ohnsorg-Theater residiert.