Hamburg. 11.000 Fans am Freitag sind happy, 11.000 am Sonnabend werden es auch sein. Eine Hip-Hop-Reise von den 90er-Jahren ins Jetzt.

Ach, ist das ein schönes Grau in Grau am Freitag auf dem Großmarktgelände. Graue Betonhallen, grauer Asphalt, graue Wolken, grauer Dampf aus komisch riechenden Selbstgedrehten. Eine Szenerie, die gut zum schwarz-weißen, im Hafen gedrehten Videoclip zum Beginner-Song „Ahnma“ passen würde. Immerhin: Die Beginner sind hier auf dem Großmarkt. Eizi Eiz, Denyo und DJ Mad kommen „mit großem Herz und Pauken und Trompeten, für die Obernerds und die saufenden Proleten, die Messdiener, Crackdealer, Alt-68er. Alle sind happy, denn der Testsieger rappt wieder.“ 11.000 Fans sind happy, am Sonnabend kommen noch einmal 11.000 zum zweiten ausverkauften Open-Air-Konzert des Hamburger Hip-Hop-Trios.

Drei Hammertypen, Hammerflow, Hammersprüche, „wortgewalttätig, aber masterpeacig drauf“ betreten mit ihrer „Posse“, ihren Fans und Gästen und den Supports Afrob und Megaloh Neuland. 1993 rockten hier Faith No More und ­Rage Against The Machine, 1994 lieferte Bombast-Bronto Meat Loaf einen – desaströsen – Auftritt auf dem Großmarkt ab. Aber obwohl die Veranstalter damals begeistert vom Gelände waren, dauerte es mit einer regelmäßigen Bespielung 18 Jahre bis zum „Portland“-Festival 2012 mit Deichkind, Peaches und Supershirt und der „Elbriot“-Metalsause 2013.

"Rap & fette Bässe" auf der großen Bühne

Nun gönnen sich die Beginner nach dem Comeback-Album „Advanced Chemistry“ 2016 und zwei Shows in der Sporthalle das ganz große Plätzchen, um „Rap & fette Bässe“ zu entfesseln. Die Glücklichen, die wie „Gustav Gans“ eine der 22.000 Karten ergattert haben, schwelgen in den Reihen oder am Bierstand in Erinnerungen wie im Beginner-Song „Es war einmal“. Die meisten der „Füchse“, der Besucher, sind mit Eizi, Denyo und Mad mitgewachsen und waren in den 90er-Jahren Zeuge, „wie ein kleiner Haufen cooler Hosenscheißer loszog von der Küste, in Turnschuhen an die Spitze“. „Flash“ ist auch ein viel gehörtes Stichwort – jenes Festival, das 2000 und 2001 am Millerntor die goldene Generation des Hamburger Hip-Hops feierte oder auch feierlich beerdigte, bevor die erste Rap-Welle abklingen sollte: Fischmob, Deichkind, Eins Zwo, Fettes Brot, Fünf Sterne Deluxe, Samy Deluxe und (Absolute) Beginner waren dabei.

Und die meisten sind ja noch da. Wieder da. „Wir waren mal Stars“, denken sich die Beginner zusammen mit ihren Vorbildern Advanced Chemistry, wenn sich die Generation 187 Strassenbande über den Auftritt ihres Idols Gzuz in Beginner-Videos wunderte. Eizi Eiz? Denyo? DJ Mad? „Wer bistn Du“? Na, eine Band, die dafür sorgte, dass heutzutage jeder „Digger“ sagt, die an zwei Abenden 22.000 Menschen die „Fäule“ vertreibt.

Es wird anders gefeiert als in den 90er-Jahren

Blitzblanke Sneaker hüpfen, tanzen, schleifen und schlurfen im einsetzenden Regen über den harten Untergrund aus Beats und Reimen, Mützenschirme heben und senken sich nickend im Takt, Arme wehen wie Weizenhalme im Wind, aber es bleibt entspannt.

„Man merkt schon, dass die Leute heute eine andere Art zu feiern haben. In den 90er-Jahren war es Usus, dass der ganze Laden 90 Minuten gesprungen ist“, erzählte DJ Mad dem Abendblatt über den Vergleich der frühen Beginner-Shows zu heutigen Konzerten. Wobei man gern vergisst, wie scheußlich Hip-Hop-Partys in den 90ern im Powerhouse oder Defcon 5 sein konnten. Jeder stand nur cool am Rand und checkte die Lage, da ist auf dem Großmarkt deutlich mehr Bambule. Aber man freut sich, wenn bei einem „Liebes Lied“ Luft für die letzten Minuten geholt werden kann. Das Grau wird dunkler, das Bühnenlicht heller. Die Beginner sagen „Danke“. Trotz Punktabzug für fehlende Videoleinwände: Testsieger.