Stroby überzeugt mit sympathischer Krimineller, D'Andrea enttäuscht und Oetkers Buch hat hohen Sehnsuchtsfaktor. Was sich zu lesen lohnt.
Mit Crissa Stone hat der amerikanische Autor Wallace Stroby eine mehr als nur unkonventionelle Heldin geschaffen. Sie ist jung, sie ist attraktiv, sie ist ein Profi – und sie verdient ihr Geld mit Raubzügen. Mal geht es um eine Pokerrunde (in „Kalter Schuss ins Herz“), mal hebt sie mit einem Bagger einen Geldautomaten aus der Verankerung (in „Geld ist nicht genug“).
Im dritten Crissa-Stone-Band „Fast ein guter Plan“ (Pendragon, 17 Euro) überfällt Stone mit drei Kumpeln den Geldtransport eines Drogendealers. Dabei geht so einiges schief, aber dass einer der Gangster ein verdammt falsches Spiel spielt, geht Stone erst auf, als das Blutbad bereits angerichtet ist. Als sie kurz darauf von einem skrupellosen Ex-Bullen gejagt wird, gilt es erst einmal, die Frau und die Tochter eines getöteten Freundes in Sicherheit zu bringen. Denn Crissa Stone trägt das Herz auf dem rechten Fleck, groß ist ihr Sinn für Gerechtigkeit – alles eine Frage der Moral. Aber: Wohin mit dem erbeuteten Geld? Wallace Stroby erzählt eine ungemein packende Geschichte, stark sind seine Dialoge, schlüssig die Dramaturgie, überzeugend die Charaktere, subversiv der Humor. Und Stroby hat mit Crissa Stone die wohl denkbar sympathischste Kriminelle in das Figurenpanorama des Kriminalromans hineingestellt.
Das Buch nach dem Debüt, so sagt man gern, sei immer das schwerste. Stimmt natürlich nicht immer. Im Fall des Südtiroler Autors und Dokumentarfilmers Luca D’Andrea trifft es allerdings zu. Nach dem großen internationalen Erfolg seines fürwahr fulminant-düsteren Thrillers „Der Tod so kalt“ ist der jetzt erschienene Nachfolger „Das Böse, es bleibt“ (DVA, 15 Euro) eine Enttäuschung. Erneut stellt D’Andrea seine Geschichte in die wuchtige Bergwelt Südtirols, dieses Mal ist es tiefer Winter. Eine junge Frau ist auf der Flucht vor ihrem Mann, dem sie einen Beutel voll Diamanten entwendet hat. Als sie mit ihrem Auto von der Fahrbahn abkommt, rutscht sie in einen Graben, kurze Zeit darauf erwacht sie in der Holzhütte eines Einsiedlers. Der Mann lebt hoch oben in den Bergen, allein mit seinen Schweinen. Einer besonders stattlichen Sau hat er den Namen Lissy gegeben, und sie birgt ein so schreckliches wie abstruses Geheimnis. D’Andrea ist durchaus ein guter Erzähler, allein die Geschichte, die er in „Das Böse, es bleibt“ erzählt, ist derart verwegen konstruiert, dass nicht einmal ein Hauch von Glaubwürdigkeit bleibt.
Sommerlich, heiß und weintrunken geht es zu in Alexander Oetkers zweitem Kriminalroman „Chateau Mort“ (Hoffmann und Campe, 16 Euro). Oetker, politischer Korrespondent für RTL mit langjähriger Frankreich-Erfahrung, erzählt von dem Mord an einem Winzer, der während des Marathon du Médoc zu Tode kommt. Rätselhaft bleibt die Todesursache, bis Commissaire Verlain von der Polizei in Bordeaux entdeckt, dass der Tote an einer seltenen Krankheit gelitten hat. Doch warum musste er sterben? Es hat den Anschein, als steckte ein Konkurrenzkampf zwischen Winzern hinter der Tat. Das Schlimmste für Verlain: Sein bester Freund ist der Hauptverdächtige. Oetker erzählt seine Geschichte weniger stringent als in seinem Debüt „Retour“, dafür nimmt das Atmosphärische eine größere Rolle ein. Hoher Sehnsuchtsfaktor!