Hamburg. Berliner Band bringt Fans zum Toben. Auf Platte mögen die Jungs an Zugkraft verloren haben, live bleiben sie eine Wucht.

„Seid ihr bereit für einen langen Abend?“, ruft Beatsteaks-Sänger Arnim Teutoburg-Weiß am Mittwoch dem tobenden Mob in der ausverkauften Großen Freiheit 36 zu. Eine rhetorische Frage. Natürlich wollen 1500 Fans, die eine der nach wenigen Minuten vergriffenen Karten ergattert hatten, dieses Erlebnis voll auskosten: Eine der besten deutschen Livebands spielt mal wieder in einem für ihren Status viel zu kleinen Club. Wer 2012 und 2014 in Docks oder Markthalle dabei war, der weiß, was das heißt. Eine Art Massenkeilerei in der Telefonzelle.

Und die Berliner Vorwärtsrocker, die eigentlich wie im kommenden April in die fünfmal größere Sporthalle gehören, lassen nichts anbrennen. „Mrs. Right“, „Hello Joe“, „Frieda und die Bomben“, „Fever“ und „Cut Off The Top“ sind die akustischen Aufschäumer, die den Saal hochkochen. Tanzen, Hüpfen, Schubsen, Schwitzen, Crowdsurfen, Shirt zerfetzen, Umboxen, selbst für ein Beatsteaks-Konzert wird in der vorderen Hälfte der Freiheit wenig Rücksicht auf Verluste genommen, egal ob Mann oder Frau.

Live ist die Band eine Wucht

Auf Platte mögen die Jungs an Zugkraft verloren haben, live bleiben sie eine Wucht. Als die Band, die ihr neues Album „Yours“ bewirbt, nach einer halben Stunde kurz den Fuß vom Gas nimmt, drängen sich die Fans an den Tränken. Ein paar hastige Schlücke, dann werden mit einem eingesprungenen „Automatic“ die „Balkone getestet“, wie Arnim fordert, und die wackelnden Emporen der Freiheit knarzen entsprechend im Gebälk.

„Was geht ab auf St. Pauli?“ Immer wieder animiert der Frontmann das Publikum, klatscht entgegengestreckte Hände ab und wirft unter der Krempe seiner Anglermütze drohende Blicke auf vereinzelte Feierunwillige, die lieber mit dem Smartphone filmen. Einem reißt er sogar nach einer deutlichen Ansage das Gerät aus den Händen, der weitere Verlauf ist im Gewühl aber nicht zu erkennen. Aber nicht nur dieser Vorfall ist schräg: Den Hits „Milk & Honey“, „DNA“ und „Let Me In“ und einem weiteren Versprechen eines „langen Abends“ folgt die Begrüßung von Gästen.

Kein langer Abend

Porky und Philipp von Deichkind kommen auf die Bühne. Zusammen werden das gemeinsam aufgenommene Sommer-Partylied „L im Gesicht“ und der Deichkind-Kracher „So ‘ne Musik“ präsentiert, aber die größte Überraschung gibt es direkt im Anschluss: Nach 100 Minuten und der einzigen Beatsteaks-Zugabe „I Don’t Care As Long As You Sing“ verschwinden die Berliner und das Saallicht geht an. Staunen im Publikum.

Ein schneller Blick auf das Programm des Vorabends in Rostock zeigt: Da fehlt offensichtlich noch eine gute halbe Stunde. Zehn Minuten klatschen die Fans in der Großen Freiheit, einige buhen, dann strömt alles zu den Ausgängen. Kein „I Do“, kein „Hand In Hand“, kein langer Abend. Dabei halten die Beatsteaks eigentlich immer, was sie versprechen.

Beatsteaks Mi 16.4.18, 20.00, Sporthalle, Karten zu 43,50 im Vorverkauf