Hamburg. Der Musiker überraschte seine 12.000 Fans in der Barclaycard Arena mit einer bunten Show.

Wer die Musik von Songschreiber Philipp Poisel kennt, erwartet bei einem seiner Konzerte vermutlich alles andere als eine üppige Bühnen-Show. Die sanften Melodien und melancholisch-nachdenklichen Texte des ­33-Jährigen klingen eher nach Akustikgitarre und kleiner Solobühne als nach Bühnen-Spektakel in der Multifunktionsarena. Doch so kann man sich ­irren. Mit einem fulminanten Auftritt feierte Philipp Poisel, ­seines Zeichens zurückhaltender ­Romantiker und ­Seelenkenner, in der Barclaycard Arena vor fast 12.000 Fans sein neues Album „Mein Amerika“, das er im Fe­bruar, ­sieben Jahre nach seinem letzten ­Album „Toulouse“, herausbrachte.

Was groß enden würde, sollte ­zunächst aber klein beginnen. Pünktlich und unkompliziert eröffnete Poisel ­seine Show, passend zum Albumtitel, mit dem Song „Mein Amerika“, im ­Hintergrund die New Yorker Skyline. „Ich habe es leider nicht geschafft, mein neues Album vor Eröffnung der ­Elbphilharmonie fertigzuschreiben“, entschuldigte sich der Sänger humorvoll beim Publikum. Mit seinem Auftritt ­bewies er seinen Fans dann jedoch, dass er in die Bühnen­Präsentation seines ­Albums ähnlich viel Zeit ­und Mühe investiert hatte, wie die Stadt Hamburg in ihr berühmtes Konzerthaus.

Auch ein Hippie-Bus fuhr über die Bühne

Nicht nur ein wechselnder Hintergrund, auch diverse ausgeklügelte Requisiten und pompöse ­Bühnenbilder unterstützten den ­Auftritt des Sängers. So tanzte Poisel für seinen Song „Zum ersten Mal Nintendo“ mit Tetris-Steinen über die Bühne, Super Mario und dessen Kumpan Luigi warfen ­derweil Leckereien in die ­begeisterte Menge. Für „Das kalte Herz“ wurde auf der Bühne eine Schwarzwaldkulisse ­errichtet, ein ­kleiner Chor, gekleidet in die dort übliche Tracht, ­begleitete ­Poisel. Und während der Songschreiber sein Lied „San Francisco Nights“ zum Besten gab, fuhr unter dem Applaus aller Fans sogar die Miniaturversion eines Hippie-Busses über die Bühne.

Besonders begeisterte Poisel den Saal jedoch, als er mit einer Fackel in der Hand den Bühnensteg entlanglief und an dessen Ende weitere Lichter entzündete, die einen Feuerkreis bildeten. Dort sang er im Duett mit Folksängerin Alin Cohen sein Lied „Bis ans Ende der Hölle“, das er für den Film „Das kalte Herz“ komponiert ­hatte.

Zugaben waren der absolute Höhepunkt

Seinen absoluten Höhepunkt ­erreichte das Konzert bei den Zugaben. Da rollten Poisel und seine Band ein DJ-Pult in Form einer Discokugel auf die Bühne. Unter den Klängen seines Hits „Als gäb’s kein Morgen mehr“ schraubte sich das Pult im Konfetti­regen, samt DJ Florian Ostertag und Philipp Poisel, immer höher in die Luft über die jubelnde Menge.

Im Gegensatz zu seiner Show machte Philipp Poisel – in Jeans und blauem Hemd – einen zunächst eher zurückhaltenden Eindruck. Anders als manch anderer Künstler blieb er das gesamte Konzert über eher wortkarg, konzentrierte sich mehr auf die künstlerische Gestaltung als auf seine Fans. Das Publikum schien das nicht zu stören. Es sang bis zum Ende des Abends begeistert und textsicher mit, tanzte dabei zwar nicht, aber wiegte sich immerhin selig zur Musik ihres Idols.

Poisel tanzte sogar Breakdance

Doch dann kam die Discokugel und mit ihr ein Philipp Poisel, den viele so noch nicht gesehen hatten. Energiegeladen und so gar nicht schüchtern sprang, rannte und hüpfte der 33-Jährige über die Bühne, tanzte an einem Punkt sogar Breakdance und lockte damit sein bis dahin eher ruhiges Publikum aus den Sitzen. So lebendig endete Poisels äußerst gelungener Auftritt. Die überraschend pompöse Show verwandelte das Konzert in ein Gesamtkunstwerk und beeindruckte das Publikum mit seiner Fulminanz, besonders aber mit dem musikalischen Talent des Sängers.