Hamburg. Auftritt für Licht im Schatten e. V. auch mit Songs ihres neuen Albums „Movin’ On“. Helen Schneiders Durchbruch kam in Hamburg.
Es gibt bessere und schlechtere Jahre im Leben. Damit einhergehen oft bestimmte Musiktitel. Helen Schneider, so erzählt sie, kam im vorigen Jahr des Öfteren „When I’m 64“ in den Sinn, der Beatles-Song. 50 Jahre ist der inzwischen alt, Helen Schneider selbst hat einen Tag vor Heiligabend ihren 64. Geburtstag gefeiert.
Aber Angst vor dem Älterwerden? Hat sie nicht. 2016 war für die Amerikanerin aus Berlin ein gutes, vor allem kreatives Jahr. Sie selbst hat wieder mal als Schauspielerin von sich reden gemacht, erst im Herbst spielte sie in den Hamburger Kammerspielen im von ihr mitentwickelten Stück „Diven“ auf komische Art eine unterkühlte, selbstgefällige alternde Darstellerin.
„Movin’ On“ erscheint Mitte Mai
Und Helen Schneider hat ein neues Album aufgenommen: „Movin’ On“ erscheint zwar erst Mitte Mai, aus besonderem Anlass wird sie aber einige Songs schon am morgigen Mittwoch in der Fabrik vorstellen, in der sie erstmals auftritt: Sie gibt, begleitet von ihrem Komponisten und langjährigen Gitarristen Jo Ambros sowie Olli Potratz (Bass), ein Benefiz-Konzert zum 25. Jubiläum von Licht im Schatten e. V., der Verein hilft drogenkranken Jugendlichen nach schwierigem Entzug bei der Rehabilitation und der Reintegration in die Gesellschaft. „Das ist ein tolles Projekt“, sagt Schneider, „Drogen sind leider in unserer Gesellschaft ein großes Problem, auch im Zusammenhang mit Alkohol.“
Auch das Leben der gebürtigen New Yorkerin verlief schließlich alles andere als glatt. Bereits mit 17 verließ Helen das Elternhaus und tingelte mit allenfalls drittklassigen Hippie-Musikern durch viertklassige Clubs. Populär wurde sie erst in Deutschland: 1978 in der legendären Eppendorfer Musikkneipe „Onkel Pö“ vom Hamburger Szene-Völkchen entdeckt und dann in der ARD-Show „Bio’s Bahnhof“ einem großem Publikum bekannt geworden, tourte sie danach mit Udo Lindenberg und erlebte Anfang der 80er als wuschelmähnige „Rock ’n’ Roll Gypsy“ mit ihrem rockigem Album „Schneider With The Kick“ den Durchbruch. 1982 ehrte sie die Deutsche Phonoakademie sogar als „Sängerin des Jahres“ – auch dank ihrer ausdrucksstarken Stimme.
Ihre musikalische Stilpalette ist bunt
Diese hat in den vergangenen drei Jahrzehnten so manche Musical- und Theateraufführung erst richtig rund klingen lassen. Etwa „Cabaret“ im Berliner Theater des Westens oder die deutsche Ausgabe von „Sunset Boulevard“. In Hamburg überzeugte sie in jüngerer Vergangenheit im Altonaer Theater als Mrs. Robinson in der Bühnenfassung des Film-Hits „Die Reifeprüfung“ und mehr noch in „The Ghetto Swinger“ an den Kammerspielen: In der berührenden Lebensgeschichte des von den Nazis verfolgten Jazz-Musikers Coco Schumann hielt Helen Schneider als Erzählerin die Fäden in der Hand und spielte ohne Kostümwechsel einige Episoden-Figuren – mit schwarzem Pagenkopf und rotem Mund.
Letzterer formt sich auf Fotos und auf der Bühne weiterhin, jedoch steht die Künstlerin neuerdings zu ihren grauen Haaren. Bunter und vielfältiger denn je ist ihre musikalische Stilpalette: „Es bringt mir Spaß. Es ist auch Singer-Songwriting und sehr beeinflusst von den 60er- und 70er-Jahren“, sagt sie.
Frieden mit dem Älterwerden
Das war ihr voriges Album „Collective Memory“ großteils ebenso, jedoch hatte sie auf jener melancholischen Zeitreise versucht, persönliche Erfahrungen von Verlust und Tod zu verarbeiten. „Das war schon sehr intim“, sagt Schneider. „,Movin’ On‘ ist optimistischer“, hat Helen selbst erkannt – nicht nur Blues, stattdessen mehr Pop und Rock. Songs wie „Comes A Time“ zeugen davon; ein weiteres neues Lied heißt „Satisfaction Never Guaranteed“.
Für Befriedigung bietet eben auch das Alter keine Garantie – eher schon der Frieden mit dem Älterwerden. Helen Schneider, die elegante Entertainerin, geht voran – morgen für einen guten Zweck. Ohne Musik könne sie nicht leben, sagt sie, die sich gern als „Acting Singer“ sieht, als schauspielernde Sängerin. Eine überaus glaubwürdige.
Benefiz-Konzert: Helen Schneider: „Movin’ On“ Mi 29.3., 20.00, Fabrik (S Altona, Bus 2), Barnerstr. 36, Karten zu 22,- im Vvk./Ak. 25,-; CD ab 15.5.; www. helenschneider.com