Hamburg . Seit einem Jahr leitete der Staatsrat das Hamburger Kulturressort kommissarisch. Jetzt wird er Senator.

So rasant spricht Carsten Brosda sonst nicht. Die Antrittsworte des designierten Hamburger Kultursenators sprudeln nach der Verkündung des Ersten Bürgermeisters im Rathaus nur so aus ihm heraus – und es gelingt ihm ad hoc und mühelos, nicht nur die derzeit vieles überstrahlende Elbphilharmonie unterzubringen, sondern auch Museen, Theater, Stadteilkultur und die entscheidenden Fragen der Gegenwart. Sinn- und Orientierungsaufgaben gehören für ihn, das wird angenehm schnell deutlich, auch weiterhin zum Hoheitsgebiet der Kulturbehörde. Carsten Brosda hat ihn raus, den ganz großen Bogen.

Die Woche im Rathaus

„Sehr viel Sorgfalt“ habe er auf diese Personalentscheidung verwandt, erklärte Bürgermeister Olaf Scholz eingangs seinen Entschluss, den amtierenden Staatsrat Carsten Brosda, Jahrgang 1974, der durch die schwere Krankheit und den Tod der bisherigen Amtsinhaberin Barbara Kisseler de facto seit fast einem Jahr die Geschäfte der Behörde führte, auch formal zum Kultursenator zu ernennen. Ausschlaggebend sei dabei vor allem auch „das unglaubliche Ansehen“ Brosdas in der Hamburger Kulturszene gewesen.

Kaum jemand, der Scholz nicht – per Brief, Anruf, Zeitungsartikel oder durch persönliche Ansprache – genau diesen Rat gegeben habe. Er habe sich vor allem auch eng mit der früheren Kultursenatorin Christina Weiss und der Intendantin des Ernst Deutsch Theaters, Isabella Vértes-Schütter, beraten, Gespräche, in denen offenbar auch andere Namen zur Disposition standen – die am Ende aber ebenfalls stets übereinstimmend auf Brosda hinausliefen. Sogar eine Petition habe man ihm telefonisch angekündigt, verriet Scholz den Journalisten schmunzelnd.

Ernennung der Staatsrätin war überraschend

Freilich nicht ohne noch einmal zu betonen, er habe sich zu diesem Zeitpunkt und „in Ansehung der Person“ längst für Carsten Brosda entschieden gehabt – und zwar bereits „im letzten Jahr“. Und er hoffe nun, „dass alle so glücklich sind wie ich“. „Ich bin es“, erklärte Brosda, der über langjährige Erfahrung in Verwaltung und Politik unter anderem als stellvertretender Leiter des Leitungs- und Planungsstabes im Bundesministerium für Arbeit und Soziales verfügt, das Offensichtliche.

Die Personalie Brosda hatte sich am späten Nachmittag, als der Bürgermeister zur offiziellen Erklärung eingeladen hatte, längst herumgesprochen. Überraschen konnte Olaf Scholz allerdings mit der Ernennung der Staatsrätin, die künftig an Brosdas Seite die Geschäfte der Kulturbehörde führen wird: Die 42 Jahre alte ehemalige Justizsenatorin Jana Schiedek (SPD) hatte nach vierjähriger Amtszeit 2015 der Politik den Rücken gekehrt, um sich mehr um ihre Familie zu kümmern. Zum 1. Fe-bruar soll Schiedek, die nicht als ausgewiesene Kulturexpertin gilt, die Leitung des Amtes Medien übernehmen, das bislang der Senatskanzlei angegliedert war, nun aber in die Kulturbehörde verlagert wird.

Geht als Staatsrätin
in die
Kulturbehörde:
die ehemalige
Justizsenatorin
Jana Schiedek
Geht als Staatsrätin in die Kulturbehörde: die ehemalige Justizsenatorin Jana Schiedek © HA | Andreas Laible

Mit der Berufung des bisherigen Staatsrats zum Senator hat Scholz gegen das von ihm bislang vertretene Prinzip verstoßen, dass Staatsräte als politische Beamte nie Senatoren werden dürfen. Es ergibt sich zudem die kuriose Situation, dass nun ein ehemaliger Staatsrat Chef einer ehemaligen Senatorin wird. Ungewöhnlich, aber verfassungsmäßig nicht ausgeschlossen ist, dass sich ein Senator zum Staatsrat „zurückstufen“ lässt. In der jüngeren Vergangenheit war dies bei dem CDU-Politiker Carsten-Ludwig Lüdemann der Fall, der von 2006 bis 2008 ebenfalls Justizsenator war und anschließend Chef der Senatskanzlei im Range eines Staatsrats wurde.

Brosda und Schiedek „werden ein großartiges Team sein“, zeigte sich Olaf Scholz am Freitag zuversichtlich. Dieses Team hätte Carsten Brosda durchaus gern mit Barbara Kisseler gebildet, ergänzte der künftige Kultursenator, der – wie eingangs auch der Bürgermeister – die Verkündung nutzte, an seine höchstrespektierte Vorgängerin zu erinnern. Nun beginnt ein neues Kapitel der Hamburger Kulturpolitik.