Mit „Rogue One“ kommt der inzwischen achte Teil der Filmreihe in die Kinos. Zeit für ein grundsätzliches Pro und Kontra.

SUPERUNTERHALTSAM

Von Alexander Josefowicz

Seit 1977, als der erste „Star Wars“-Film in die Kinos kam, leistet das von George Lucas erdachte Epos etwas, das sich in der medial zunehmend fragmentierten Gesellschaft immer schwieriger erreichen lässt: Es ist das popkulturelle Lagerfeuer schlechthin, um das sich alle versammeln – na ja, fast alle.

Mit „Krieg der Sterne“ begann die globale Faszination für die Macht, die bis heute anhält und Generation auf Generation begeistert. Daran konnte Lucas’ ewiges technisches Herumgebastel an der originalen Trilogie nichts ändern. Auch die verschlungene Chronologie („Rogue One“ erzählt die Vorgeschichte des nach offizieller Zählung vierten Teils, der als erster erschien, und ist der insgesamt achte „Star Wars“-Film) und Charaktere wie der nervtötende Jar Jar Binks oder der pubertierende Anakin Skywalker taten dem weltweiten Hype keinen Abbruch.

Einfache Antworten auf komplizierte Fragen

Die aus Märchen und Heldenepos entlehnte Grundstruktur, in der Gut und Böse ganz klar verteilt sind, sie ist so einfach wie wohlbekannt, zugegeben. Aber man geht ja auch nicht in einen „Star Wars“-Film, um sich zwei Stunden lang grundlegende Fragen der menschlichen Existenz zu stellen – und am Ende ohne Antwort schwermütig aus dem Saal zu schleichen. Man geht dorthin, um zwei Stunden lang einfache Antworten auf die komplizierten Fragen des Lebens zu bekommen – und natürlich, um epische Materialschlachten zu sehen. Die Kunst liegt darin, gerade so eben auf der hellen Seite der Macht zu bleiben und nicht in die Untiefen des allzu plakativen Kitsches abzudriften.

Und das gelingt den Köpfen hinter „Star Wars“ einfach immer wieder: Die Guten, sie sind Helden, die über sich hinauswachsen, aber nie ganz auf sich allein gestellt sind. Über sie wacht die Macht, und diese diffuse, nie ganz erklärte Entität, sie sorgt dafür, dass auch noch in der dunkelsten Stunde etwas Hoffnung da ist. Ein bisschen Religion, ein bisschen Zauberei und ein bisschen Kung Fu – eine bunte Tüte, in der jeder etwas findet.

Die Macht ist stark in den „Star Wars“-Fans

Die Bösen dagegen, das sind, abgesehen von ihren Galionsfiguren, gesichtslose Automaten, skrupelloses Kanonenfutter, das in blindem Gehorsam jede noch so schlimme Tat begeht. Ein Gegner, wie man ihn sich eindeutiger nicht wünschen kann.

Mitleid mit den ein ums andere Mal im Dutzend verheizten Stormtroopern hat niemand, mit dem ultimativen Bösen, dem Imperator, sowieso nicht. Und bei Darth Vader stellt es sich erst ein, als er sich am Ende des sechsten Teils („Die Rückkehr der Jedi-Ritter“ von 1983) seiner Menschlichkeit und seiner ursprünglichen Identität als Anakin Skywalker besinnt – und dann stirbt.

Wenn morgen „Rogue One: A Star Wars Story“ anläuft, werden Großeltern, Eltern und Kinder gleichermaßen die Säle stürmen. Und ich werde den Film – genau wie alle anderen Teile zuvor – auch noch ein zweites und drittes Mal gucken. Denn die Macht ist stark in uns – den „Star Wars“-Fans.


STERBENSLANGWEILIG

Von Holger True

Es gibt nichts Langweiligeres als „Star Wars“. So, jetzt ist es raus, und ich muss hoffen, dass meine Söhne diesen Text nie zu Gesicht bekommen. Oder jedenfalls nicht persönlich nehmen. Schließlich habe ich ihnen eine jahrelange Qual zu verdanken und doch stets fröhliche Miene zum reichlich öden Spiel gemacht.

Mittleres Kalenderspruch-Niveau

Im Alter von etwa acht bis 13 Jahren waren beide riesige „Star Wars“-Fans – wie vermutlich fast alle Kinder in der westlichen Hemisphäre. Also sind wir ins Kino gegangen, immer und immer wieder. 929 Minuten (gefühlt: 929 Stunden!) Netto-Lebenszeit haben mich die sieben Episoden gekostet, die ja alle auf der großen Leinwand gesehen werden mussten – und leider auch ständig wieder ins Programm genommen wurden. Film eins verpasst, weil damals noch nicht geboren? Kein Problem, der nächste „Stars Wars“-Marathon kommt bestimmt. Wenn nicht im Kino, dann im Fernsehen. Und die DVD-Sammlung („Papa, ich wünsch mir zum Geburtstag die Komplettbox, sonst nichts.“) gibt’s ja auch noch.

Ich weiß also genau, um wen es sich bei Obi-Wan Kenobi handelt, wie der eklige Jabba the Hutt die schöne Prinzessin Leia angegrapscht hat, dass C3PO ein ewiger Besserwisser ist und ein Wookiee vor allem rumgrunzt. Allein: Ich bin schon etwas länger keine acht mehr, finde den „Star Wars“-Humor eher übersichtlich und das ganze Auf- fremden-Planeten-Herumgestolpere so spannend wie ein Tasse lauwarmen Salbeitee. Die philosophische Tiefe, die von erwachsenen Fans mit Rechtfertigungszwang immer mal wieder behauptet wird? Drückt sich in Sätzen wie „Deine Augen können dich täuschen, traue ihnen nicht“ aus. Mittleres Kalenderspruch-Niveau. Muss nicht sein.

Leben ohne „Star Wars“ ist möglich

Natürlich bin ich mir der popkulturellen Bedeutung dieser brillant vermarkteten Gelddruckmaschine bewusst. Endlose Zeitungsartikel und ganze Regalmeter mit Sekundärliteratur lassen keinen Zweifel daran. Meister Yoda ist ja auch ganz knuffig und seine Grammatik amüsant. Besser: war amüsant. Heute ist gefühlt jedes zweite T-Shirt mit Sätzen wie „Schubsen du mich nicht sollst, einen Joghurt im Rucksack ich habe“ oder „Wenn gewinnen du willst, das Tor treffen du musst“ bedruckt. Was den eigentlich weisen Jedi gnadenlos in den Mario-Barth-Niveaukeller drückt.

Und nun also Teil acht: Natürlich feste Größe im diesjährigen Weihnachtsprogramm zahlloser Familien. Als Zugabe: stundenlange Aufbauaktionen unterm Weihnachtsbaum. Stichwort: Lego Star Wars. So ein Millennium Falke (1329 Teile) gibt den Feiertagen ja eine gewisse Struktur („Klar, wir machen nach dem Raclette weiter ...“). Auch ohne „Todesstern“ (499,99 Euro) ist bei uns über die Jahre ein vierstelliger Betrag zusammengekommen, und heute verstauben die Modelle im Keller. Was zeigt: Ein Leben ohne „Star Wars“ ist möglich. Und sogar sehr schön.