Hamburg. Die Halle 424 im Oberhafenquartier lädt regelmäßig zu Feierabendmusik und erfreut sich zunehmender Beliebtheit.

Der Weg durch die Stockmeyerstraße ist lang und dunkel. Die Lagerhallen zu beiden Seiten sind verschlossen. In einiger Entfernung schimmert etwas Licht. Dort muss sie sein, die Halle 424. Gegenüber Tor 24 sind die schweren Schiebetüren der Hanseatischen Materialverwaltung noch geöffnet. Dahinter verbirgt sich ein 2013 gegründeter riesiger Fundus an Requisiten und Kulissen für Künstler. Von pulsierendem Szene-Leben ist noch wenig zu sehen. Nach dem Willen von Stadt und HafenCity sollen die still gelegten Hallen im ehemaligen Güterbahnhof zum Quartier für Kreative werden. Doch bisher gibt es nur die Oberhafenkantine am Anfang der Stockmeyer­straße und eben die Halle 424.

Wenn man die paar Stufen beim Tor 24 hochgestiegen ist, öffnet sich dahinter ein in warmes Licht getauchter hoher Raum. Auf Stühlen, Bänken und Sitzquadern haben es sich etwa 150 Menschen bequem gemacht. Sie sind zum Feierabendkonzert in die Halle 424 gekommen. Seit eineinhalb Jahren gibt es diese Konzerte an diesem Ort. Veranstaltet werden sie einmal im Monat vom Hamburger Kammerkunstverein, der seit 1999 Projekte an ungewöhnlichen Orten zur Aufführung bringt.

Partner der Kammerkunstfreunde ist der Fotograf Jürgen Carstensen

Partner der Kammerkunstfreunde ist der Fotograf Jürgen Carstensen. Er sitzt schon seit 17 Jahren in dieser Halle, allerdings hat es ihn eher zufällig in das Oberhafenquartier verschlagen. Ursprünglich hatte er zusammen mit einem Partner das Konzept für den Kulturbahnhof Altona in der Harkortstraße erarbeitet. „Allerdings hat die Deutsche Bahn damals einen Rückzieher gemacht. Als Ersatzfläche wurde uns die Lagerhalle in der Stockmeyerstraße angeboten. Deshalb sind wir hier gelandet“, erzählt er.

Jahrelang hat Carstensen den etwa 350 Quadratmeter großen Ort als Studio genutzt. Studios und Büros befinden sich jetzt im mittleren Teil und in den Obergeschossen der ehemaligen Lagerhalle. Der große Raum ist zu einem multifunktionalen Veranstaltungsort umgebaut worden. „Der Raum verändert sich abhängig davon, was wir veranstalten“, sagt Carstensen.

Das Orchester Stegreif verteilt sich im Raum

Das Berliner Orchester Stegreif, das am 19. November in Hamburg gastiert, benutzt keine Bühne, sondern verteilt sich im Raum. Einige der Musiker spielen auf einer Empore. Bei den Feierabendkonzerten ist die Bühne im hinteren Teil aufgebaut, aber auch andere Varianten sind möglich. Es gibt in der Halle 424 eine kleine Bar, beim Afterwork-Konzert werden Suppe und belegte Brote verkauft, die Atmosphäre ist gelassen, fast familiär. „Wir wollen Leute erreichen, die in der HafenCity arbeiten, aber es kommen auch viele andere Besucher aus allen Stadtteilen zu uns“, so Carstensen.

In der Vergangenheit hat Carstensen zusammen mit der früheren Elbjazz-Geschäftsführerin Tina Heine ein avanciertes Jazz-Programm auf die Beine gestellt. In der Reihe Jazztracks gastierten international bekannte Künstler wie der Finne Jimi Tenor und zuletzt die Berliner Pianistin Ulrike Haage. Auch das Ensemble Resonanz hat die Halle 424 für Veranstaltungen genutzt. In diesem Jahr wird es zwei weitere Feierabendkonzerte am 23.11. und am 21.12. geben, am 14.11. gastiert hier das ensemble reflektor (siehe nebenstehenden Text). Eine öffentliche Förderung erhält Carstensen übrigens nicht. „Ich muss meine Projekte kaufmännisch so aufstellen, dass sie den Betrieb der Halle ermöglichen“, sagt er. Noch ist er Einzelkämpfer im Oberhafenquartier, aber ein Stammpublikum hat er schon gefunden – trotz des abgelegenen Ortes.