Hamburg. Das Format wird 40 Jahre alt – und ist mit 300.000 Zuschauern eine der populärsten Sendungen des NDR.

Eigentlich ist es kein gutes Zeichen, wenn alle einen mögen. So vom satirischen Standpunkt aus gesehen. Satire muss ja da hinzielen, wo es wehtut. Satire deckt auf, piesackt, kommentiert, klagt an. Und macht halt auch Spaß – wenn man nicht gerade selbst im Visier der Spaßmacher ist.

„Extra 3“ wird 40 Jahre alt, das beliebte Satire-Format des NDR, das seit Neuestem auch im Ersten zu sehen ist. Die Sendung, die seit dem Türkei-Coup im Frühjahr („Erdowie, Erdowo, Erdogan“) so bekannt ist wie nie und es wegen der anschließenden diplomatischen Verwicklungen sogar in die „New York Times“ schaffte. Gefeiert wird der Geburtstag heute mit einer einstündigen Sendung: einer Jubiläumsgala mit den Gästen Oliver Kalkhofe, Olli Schulz, Revolverheld und Johannes Oerding.

In dieser Sendung will „Extra 3“ einmal ausnahmsweise selbstreferenziell sein und die eigene Historie beleuchten. Sie begann am 21. September 1976, einem Dienstag, mit Gastgeber Dieter Kronzucker, dessen Ziel es war, die im politischen Geschäft anfallenden Absurditäten aufzulesen. Notwendigerweise wurde daraus ein Satireformat und eine der langlebigsten Sendungen überhaupt. Genau dies wurde von Erfinder Kronzucker nicht vorausgesehen. „Diese Sendung wird das Jahr 1976 nicht überleben“ prophezeite der Journalist.

Nun, damit hat er falsch gelegen. „Extra 3“ ist, mancher Krisen zum Trotz, immer noch da und zählt durchaus zu den Schmuckstücken öffentlich-rechtlichen Fernsehschaffens. „Extra 3“ sei „eine der stärksten Marken des NDR“, sagt NDR-Fernsehdirektor Frank Beckmann. Dass die Sender-Oberen „Extra 3“ als Aushängeschild betrachten, ist logisch. Das Durchschnittsalter der „Extra 3“-Zuschauer liegt bei reifen 62 Jahren, da erscheint es dem gemeinen Programmmacher selbstverständlich als attraktiv, mit den auf YouTube rege geklickten Satirefilmchen von „Extra 3“ auch ein jüngeres Publikum anzusprechen. Da nimmt man dann auch gerne den Erdogan-Stress in Kauf – und hat sein Lieblingskind „Extra 3“, das wahrscheinlich ganz froh ist, mal jemanden so richtig vor den Kopf gestoßen zu haben, weiter richtig gern.

1642 Ausgaben gab es bislang im NDR (17 in der ARD), außerdem mehr als 20 Moderatoren. Der aktuelle heißt Christian Ehring und folgte auf Namen wie Hans-Jürgen Börner, Jörg Thadeusz und Tobi Schlegl. Ehring sieht sich nicht „als Satiredienstleister“, wie er sagt; was dann im „Extra 3“-Kosmos eben heißt, dass der Moderator und Kabarettist aktives Mitglied des NDR-Satire-Think-Tanks ist. Dort wird nicht nur Wert auf Entertainment- und humoristische Qualitäten, sondern auch auf tagespolitische Expertise gelegt. „Extra 3“ bietet in seinem Programm dem Irrsinn des Alltags eine Plattform, den berühmten Behördenungeheuerlichkeiten etwa.

Gute Zeiten für Satire

„Extra 3“ berichtet von Absurditäten aus der Nachbarschaft – und kann dabei, wie Redaktionsleiter Andreas Lange feststellt, auf die wachen Augen der Zuschauer zählen. Die Rubriken heißen etwa „Der reale Irrsinn“, „Statistikexperte Klaas Butenschönenborn“ oder „Neulich im Bundestag“.

„Es ist im Grunde eine Schande für uns, dass wir so beliebt sind“, sagt Redaktionsleiter Lange, der damit zum Beispiel meint, dass sich Politiker auch mal als „Extra 3“-Fans outen.

So sind es dann eher die Zuschauer, die die Redaktion unter Beschuss nehmen. Gerade in jüngerer Zeit erreichen die „Extra 3“-Macher etliche Zuschriften, die, vorsichtig ausgedrückt, nicht ganz einverstanden mit der Stoßrichtung der tagesaktuellen Polit-Humoresken sind. Stichwörter: AfD, Pegida. „Da brodelt etwas in der Bevölkerung“, sagt Lange. Einige der „Liebesbriefe“, wie im Journalistenjargon Schimpftiraden der Zuschauer heißen, sollen von Olli Schulz und Oliver Kalkofe in der Jubiläumssendung vorgelesen werden.

In Zeiten von Petry und Trump ist Satire tatsächlich wichtiger denn je. Sonst wäre manches ja gar nicht aushaltbar, oder? Lange sagt, dass mancherlei Auswüchse in der aktuellen Politik „uns ja vor allem Sorgen machen, sie sind bedenklich“.

Gute Zeiten für Satire seien es aber halt trotzdem, „wenn jemand wie Frauke Petry das Wort ,völkisch‘ wieder positiv belegen will“, so Lange. Es bleibt festzuhalten, dass das fabelhafte Nischenprogramm (300.000 Zuschauer pro NDR-Sendung) der Extra-3-ler auch in Zukunft bitter nötig ist.

Wir gratulieren zum 40.!

„40 Jahre Extra 3. Die große Satire-Gala“ Mi 28.9., 22 Uhr, NDR