Scheeßel. 75.000 Musikfans trotzen dem schlechten Wetter auf dem Festivalgelände in Scheeßel. Beginn am Sonnabend verzögert sich.
„Das Wetter nervt mich hart“, sagt die Moderatorin des Camp-Radios 92,7 FM – und sie teilt damit wohl am Sonnabendvormittag die Ansicht der meisten 75.000 Musikfans, die am Wochenende zum Hurricane Festival im niedersächsischen Scheeßel gereist sind, um Bands wie The Offspring, Maximo Park und Block Party zu sehen. Da wird dann – zwischen den Durchsagen zur aktuellen Lage – zur ironischen Aufmunterung auch mal „Last Christmas“ von Wham gespielt. Und gute Laune können die Anwesenden allerbestens gebrauchen.
Seit dem Morgen zieht eine Gewitterzelle über das Gelände. Der Einlass auf das Konzertareal mit seinen vier Bühnen ist bis auf 15 Uhr verschoben. Die Auftritte diverser Bands wie Herrenmagazin aus Hamburg oder DMA’S aus Australien wurden abgesagt.
Und die Besucher in den Zelten und Autos fragen sich angesichts des steten heftigen Geprassels, wie sehr es eigentlich regnen kann? Die Antwort: stark, stärker, lange und immer wieder. Traktoren und Entsorgungsfahrzeuge sind fortwährend im Einsatz. Die Ordner harren draußen aus, um den Verkehr an- und abreisender Gäste, Künstler und Caterer zu koordinieren.
Martialische Märchenstunde mit Rammstein
Schon am frühen Freitagabend war der Spielbetrieb von Norddeutschlands größtem Rock- und Pop-Festival für zwei Stunden wegen Unwetters unterbrochen worden. Danach hatte die Gemeinde Scheeßel eine Sondergenehmigung erteilt, damit die Bands eine Stunde länger als geplant auftreten dürfen. So erlebten die Fans – bei trockenem Sommerwetter – starke Konzerte von den Indie-Rockern The Hives, den Folk-Poppern AnnenMayKantereit, den Punks von Feine Sahne Fischfilet und – als großes Finale – von Rammstein.
Die Rockband um Sänger Till Lindemann eröffnete ihre Show um 0.15 Uhr mit Feuerfontänen und pink-farbenem Rauch, um sich bis fast 2 Uhr nachts durch ein Set inklusive der Hits „Sonne“, „Amerika“ und „Engel“ zu spielen. Lindemann walzte über die Bühne, als sei er einem Aschenest entstiegen und als wolle er nun in einem sehr ernsten Endzeitfilm mitspielen. Sein R rollte, die Gitarren stampften, die ganze Band eine grollende Maschine, die eine Art martialische Märchenstunde produzierte. Die Fans feierten das, sangen inbrünstig mit. Immer wieder sprühten Funken und Feuer. Wie ein Hardrock-Hochofen. Was für ein Kontrast zu dem Nass, das folgen sollte.
Matsch-Alarm beim Hurricane Festival