Scheessel. Von ausgefallenen Bands, einer Unterbrechung wegen Starkregen und anderen Widrigkeiten lassen sich die Hurricane-Gäste nicht schrecken.
„Bei der Schlammkuhle einfach Gas geben, auf gar keinen Fall anhalten!“, ruft der Security-Mann. Die Anfahrt zum Hurricane Festival im niedersächsischen Scheeßel nach starken Regenfällen ist auf jeden Fall ein Abenteuer. Die Infrastruktur ächzt.
Das Gelände mit den vier Konzertbühnen, auf denen am Wochenende Bands wie Rammstein, The Prodigy, Deichkind, Bosse und Mumford & Sons für 75.000 Fans spielen, öffnete am Freitagnachmittag mit anderthalb Stunden Verspätung. Diverse Acts wie Schmutzki und Erik Cohen mussten abgesagt werden, später sollte noch eine außerplanmäßige, etwas mehr als zweitstündige Unterbrechung wegen Unwetters auf die Besucher warten. Aber die Stimmung bleibt bestens. Die Camping-Nachbarn hören „Ahnma“ von den Hamburger Hip-Hoppern Beginner, der Ordner gesellt sich dazu und feiert den Song.
Rap von Chefket eröffnet das Jubiläums-Hurricane
Mit Rap wird auch das nunmehr 20. Hurricane Festival eröffnet. Der Berliner Chefket sprechsingt zu wummernden Beats von der blauen Bühne: „Egal was mal war / die beste Zeit ist jetzt.“ Das lassen sich die herbeiströmenden Fans nicht zweimal sagen. Nass vor Regen und nass vor Schweiß an diesem hochsommerlich schwülen Tag schwenken sie die Arme in der Luft. Die Waden mit Matsch bespritzt, die Wangen von der Sonne gerötet. Doch was nun zählt: sich vom Sound durchdringen lassen.
Härtere Tönen hingegen ertönen bei Zebrahead, die die grüne Bühne eröffnet. Die Amerikaner beschallen das Feld mit hochtourigem Punk, während die Kids beim Festival-H&M Schlange stehen. Ohnehin zeigt sich beim Gang über das Gelände, wie sehr sich das Festival gewandelt hat, seit Veranstalter Folkert Koopmans 1997 erstmals zum Hurricane auf die Motorrad-Sandrennbahn Eichenring lud. 20.000 Musikbegeisterte kamen damals zur Premiere.
Staub, Schlamm und Bands seit 1997
Der Staub beziehungsweise Schlamm ist zwar derselbe geblieben. Ebenso die Liebe zu den Bands. Aber ansonsten hat sich Norddeutschlands größte Freiluft-Konzert-Sause zu einem hoch spezialisierten Spektakel ausgewachsen. Zehn Videowände sorgen dafür, dass auch die hinteren Reihen gefühlt ganz nah dabei sind. Über 52 Kilometer Kabel versorgen die Infrastruktur mit Strom. 5000 Menschen arbeiten hinter den Kulissen, von der Security bis zur Gastronomie. Dort haben die Gäste mittlerweile die Auswahl vom veganen Burger bis zum gesunden Quarkbecher.
Das diesjährige Jubiläum steht ganz im Zeichen eines orange leuchtenden Fuchses. Doch wie wild sind die Festivalgänger eigentlich noch? Im vergangenen Jahr bilanzierten eine Polizistin und eine Sanitäterin: „Die Kids sind ganz schön brav geworden.“ Die Zeiten, sie ändern sich. Der Spaß allerdings, der bleibt.