Hamburg. Eine Hommage an die Gitarre, dieses aus der Rockgeschichte nicht wegzudenkende Instrument und seine großen, teils kauzigen Helden.
Er hat sie gestreichelt und zärtlich liebkost, manchmal musste er sie auch kräftig schütteln und an ihr reißen. „Lucille“ ist mit dem Bluesmusiker B.B. King durch dick und dünn gegangen. Wie eine treue Freundin. „Lucille“ war B.B. Kings Gitarre, eine schwarze Gibson ES-335.
Nicht alle Rockmusiker haben ihr Saiteninstrument so gut behandelt wie King. Pete Townshend von The Who benutzte sie am Ende eines Konzerts wie eine Axt und zertrümmerte sie; auch bei Kurt Cobain hielten Gitarren nicht lange, weil er sie in seinem Bühnenfuror ebenfalls kaputt schlug. Jimi Hendrix steckte seine Fender Stratocaster beim Monterrey Festival sogar in Brand wie bei einem Opferritual – und stahl The Who damit die Show, die nach Hendrix auf die Bühne mussten.
Bis heute ist die Gitarre das ausdruckstärkste Mittel der Rockmusik. Stöpsel sie ein, drehe sie auf, und verändere mit ihr die Welt. Die Gitarre kann elektrisieren wie kein anderes Instrument, Gitarristen sind – neben Sängern – die großen Stars der Rockmusik.
Immer noch gilt Jimi Hendrix als der größte Gitarrist aller Zeiten, die 1970 mit 27 Jahren früh verstorbene Legende. Die Stratocaster wurde in seinen Händen zur Waffe. Man denke nur an seine Nummer „Machine Gun“, bei der er zusammen mit Schlagzeuger Buddy Miles die Salven eines Maschinengewehrs nachahmte, während zur gleichen Zeit Abertausende von Soldaten in Vietnam vor die Hunde gingen und es in den Schwarzenvierteln der USA regelmäßig zu Aufständen und Auseinandersetzungen mit der Polizei kam.
Die Gitarre am Lagerfeuer – ewiger Klassiker
Auch Hendrix’ Dekonstruktion der US-Nationalhymne beim Woodstock-Festival, eine Rückkopplungsorgie, zeigte die Gitarre als Instrument des Aufruhrs. Und Frank Zappa machte in den 60er-Jahren deutlich, dass ein Gitarrist im puritanisch-netten Amerika bisweilen den Wert eines Straßenköters hat: „My Guitar Wants To Kill Your Mama“, hieß sein Song zum Thema. Typen wie Slash von Guns ’n’ Roses oder Eddie Van Halen hängen bis heute den Sechssaiter tief, um dann den Hals steil in die Höhe zu reißen. Die Gitarre wird bei ihnen zum Phallus.
Musiker bewahren ihre Instrumente normalerweise in entsprechenden Koffern auf und holen sie nur dann raus, wenn sie üben wollen oder ein Konzert ansteht. Doch es gibt eine ganze Reihe von Gitarrenbesitzern, die ihre Gibson Les Paul oder ihre Gretsch an die Wand ihres Wohn- oder Musikzimmers hängen, um Gästen und Freunden zu signalisieren: „Schaut her, ich kann Gitarre spielen!“
Mit den Künsten ist es oft nicht so weit her, doch die Gitarre eignet sich hervorragend dazu, eine Haltung auszustellen. Sie ist ein sehr männliches Instrument, sie steht für Fingerfertigkeiten und stellt den Solisten automatisch in den Mittelpunkt. An der Wand werden Telecaster oder Rickenbacker zum Fetisch. Viele dieser Hobby-E-Gitarristen sind auf der Luftgitarre wesentlich fähiger als auf ihren gepflegten und geputzten Instrumenten, doch Luft lässt sich schwerlich aufhängen.
Prince spielte besonders teure Instrumente
Am weitesten verbreitet ist die Gitarre als akustisches Instrument. Die Klampfe gehört in jedes Pfadfinderlager, zu jeder Abifahrt für gemütliche Runden am Lagerfeuer, und auch mancher Lehrer nimmt eine Akustische mit, um gemeinsam mit Schülern zu singen. Die Gitarre wird zum Begleitinstrument, ein paar Akkorde reichen aus, um dem Text ein melodisches und rhythmisches Gerüst zu geben. „Bob Dylans „Blowin’ In The Wind“ zählt immer noch zu den Klassikern des Folksongs, genauso wie „Greensleeves“ und die Songs von Simon & Garfunkel. Wolfgang Niedecken (BAP) hat mal gesagt, ein guter Song müsse auch auf der Wandergitarre noch gut klingen.
In den 60er- und 70er-Jahren spielten die größten Virtuosen in Rock und Jazz vor allem auf Instrumenten der Marken Gibson und Fender sowie Martin, dem Rolls Royce unter den akustischen Gitarren. Später wollten immer mehr Musiker mit Extraanfertigungen und Unikaten auf die Bühne gehen. Prince zum Beispiel spielte ausgefallene, sündhaft teure Instrumente mit futuristischem Design. Die Gitarre als überkandideltes Showaccessoire.
Um Blues oder Folk zu spielen, bedarf es dieser bis zu 40.000 Euro teuren Designer-Objekte nicht. Robert Johnson, wichtiges Vorbild von Stars wie Eric Clapton, Keith Richards und Jimmy Page, spielte seine Bluessongs auf einer schlichten, etwas abgegriffenen akustischen Gitarre. Als Richards den Bluesmann entdeckte, fragte er Brian Jones, seinen Bandkollegen bei den Rolling Stones, wer denn der zweite Gitarrist sei, den man da höre. Erst später realisierte er, dass der König des Delta Blues allein für dieses verblüffende Spiel verantwortlich war. Johnson konnte mit seinem Spiel Frauen betören. Diese Fähigkeit wurde dem Womanizer zum Verhängnis. Ein eifersüchtiger Ehemann vergiftet ihn. Robert Johnson wurde nur 27 Jahre alt, genauso wie Jimi Hendrix.