Hamburg. Das Ensemble Resonanz überzeugt zusammen mit dem japanischen Gasttänzer Tadashi Endo bei der Performance „Bach – Butoh“.

Man stelle sich vor, die Figur aus Edvard Munchs Gemäldezyklus „Der Schrei“, dieses geisterhafte Wesen mit dem weit aufgerissenem Mund und den angstgeweiteten Augen, würde aus seinem Rahmen steigen, um seinen namenlosen Schmerz stumm vorzutanzen. Was am Donnerstagabend bei der Konzertreihe urban string im resonanzraum zu erleben war, kam dieser Vorstellung recht nahe.

Für die Performance „Bach – Butoh“ hatte das Ensemble Resonanz den japanischen Tänzer Tadashi Endo eingeladen. Die Faszination, die von Endos Ausdruckstanz ausgeht, ist offenkundig groß, schon eine halbe Stunde vor Konzertbeginn war kein freier Stuhl mehr zu bekommen. Dabei ist „ Butoh“, der „Tanz der Finsternis“, alles andere, als eine besonders eingängige Kunstform. Schon Endos Erscheinung hat etwas Gespenstisches: das Gesicht weiß geschminkt, Augen und Mundwinkel schwarz konturiert und die wirren Haare hochgebunden.

Der japanische Tanz Butoh mischt sich mit Klängen von Bach

Wer völlig stumm auf die Welt gekommen ist, oder nach 20 Jahren Isolationshaft die Sprache selbst verlernt hat, müsste wohl so durch seinen Körper sprechen, wie Endo es tut. Die Bewegungen des Tänzers sind extrem langsam, kontrolliert und erfüllt von einer Spannung, die sich ab und an in einem jähen Sturz oder einer heftigen Geste entlädt.

Die Musik bildete zur Pantomime eine zweite Ebene. Mal zeichneten elektronische Klänge von Nika Son oder Toshio Hosokawas „Small Chant“ die getanzte Agonie musikalisch nach; dann wieder standen die Kontrapunkte von Bachs „Kunst der Fuge“ im irritierenden Kontrast dazu. Doch offenbar fühlte das Butoh-Gespenst sich von der Musik des Thomaskantors angezogen, denn schließlich fand es zu den Klängen von Bachs allerletzten Noten seinem Platz mitten im Ensemble. Fazit: Poetisch, verstörend und in jedem Fall extrem.