Hamburg. Weniger bekannte Häuser in Hamburg waren die Gewinner der traditionellen Langen Nacht der Museen, die 30.000 Besucher anlockte.

Frust und Enttäuschung auf der einen, Vorfreude und gute Laune auf der anderen Seite. Nicht nur am deutlich unterschiedlichen Bekleidungsstil, sondern vor allem auch am Gesichtsausdruck der S-Bahn-Fahrgäste ließ sich am späten Sonnabendnachmittag leicht erkennen, ob sie ein verlorenes HSV-Spiel hinter sich oder eine nächtliche Kultur-Party vor sich hatten. Die Rahmenbedingungen für letztere waren diesmal optimal: gutes, aber nicht zu warmes Wetter und eine Organisation, die bei der 16. Auflage der Hamburger „Langen Nacht wie am Schnürchen lief. Die elf Sonderbuslinien verkehrten zuverlässig, und die Mitarbeiter der insgesamt 60 teilnehmenden Museen, Ausstellungshäuser und Gedenkstätten gaben ihr Bestes, um das fröhliche Chaos, das sich bei fast 30.000 Besuchern mitunter zwangsläufig einstellt, auf kreative und sympathische Weise zu bewältigen.

Auch wenn die Zahl der Teilnehmer in etwa wieder die Höhe des Vorjahres erreicht hat, gab es doch diesmal ein paar Unterschiede in der Verteilung der Besucher. Selbstverständlich zog es wieder besonders viele Interessenten zu Hotspots wie dem Bucerius Kunst Forum, das mit seiner Picasso-Schau kräftig punkten konnte. Aber die Kunsthalle, die kurz vor der Wiedereröffnung steht und zurzeit nur die Eckersberg-Ausstellung im Hubertus-Wald-Forum geöffnet hat, war schon aus Kapazitätsgründen weniger frequentiert als früher. Und auch im Museum für Kunst und Gewerbe ging es zwar insgesamt wieder recht lebhaft zu, aber den fröhlichen Ausnahmezustand, der 2015 in der Tattoo-Ausstellung geherrscht hatte, konnte das MKG mit den „Genialen Dilletanten“, einer Schau über die Subkultur der 1980er-Jahre, nicht wiederholen.

Die Gewinner waren diesmal eindeutig die kleinen, weniger bekannten und manchmal auch abgelegeneren Häuser, die wohl nie zuvor so viel Interesse auf sich ziehen konnten. So gelang es dem Hafenmuseum, mit 5900 Gästen die Zahl vom vorigen Jahr nahezu zu verdoppeln. Auf dem Energieberg Georgswerder genossen 850 Gäste auf einem illuminierten Rundweg eine zauberhafte Abend- und Nachtstimmung mit Panoramblick auf die Stadt und informierten sich außerdem über Themen wie Recycling und die grünen Oasen der Hansestadt. Das Hamburger Genossenschafts-Museum im Besenbinderhof, in dem 170 Jahre Genossenschaftsgeschichte dargestellt werden, hatte mit etwa 100 Besuchern gerechnet, tatsächlich kamen mehr als 900. Ins Polizeimuseum in Alsterdorf zog es 2240 Interessierte, auf die Museumsschiffe „Cap San Diego“ 2900 und „Rickmer Rickmers“ 2200 Besucher.

Besucher im Medizinhistorischen
Museum der Uniklink
Besucher im Medizinhistorischen Museum der Uniklink © HA | Michael Rauhe

Viel Andrang herrschte auch im Deutschen Zollmuseum, im Speicherstadtmuseum und im Deutschen Zusatzstoffmuseum, wo bis in die frühen Morgenstunden gefeiert wurde. Wahre Pilgerströme ergossen sich über das UKE-Gelände zum Medizinhistorischen Museum, in dem Führungen in Englisch, Französisch, Arabisch und Farsi angeboten wurden.

„Das große Interesse auch für die kleineren Museen, die mit großem Engagement und großartigen Veranstaltungen die Besucher in ihre Häuser gelockt haben, freut mich ganz besonders. Die ,Lange Nacht’ ist die beste Gelegenheit auch in Museen zu schnuppern, die mit Spezialthemen glänzen – und viele werden Lust bekommen haben, zwischen den langen Nächten noch einmal gezielt und mit mehr Zeit wiederzukehren“, sagte Vera Neukirchen, die Leiterin des Museumsdienstes, resümierend dem Abendblatt. Dass die Museumsnacht zunehmend ein junges Publikum anzieht, zeige sich auch im regen Austausch auf Facebook, Twitter und Instagram, meint die Museumspädagogin: „Allein in der Nacht wurden 2588 Tweets und Instagram-Bilder mit dem Hashtag #lndmhh abgesetzt. Die Lange Nacht der Museen öffnet Augen und Herzen für unsere vielfältigen Schätze und bringt so auch neue Besucher in Hamburgs Häuser.“

Natürlich stand vor allem für viele jüngere Besucher die Party im Vordergrund und das Bedürfnis, sich an außergewöhnlichen und interessanten Orten mit Freunden zu treffen. Im allgemeinen Trubel ist es ohnehin nicht leicht, sich eingehender mit den ausgestellten Objekten auseinanderzusetzen. Doch auch während der „Langen Nacht“ gab es immer wieder intensive Momente, wenn Besucher zeitweise die Party vergaßen und sich ganz auf ein Thema einließen. Etwa im Hafenmuseum, wo über den Abend verteilt Hunderte aufmerksam den ehemaligen Hafenarbeitern zuhörten, die über ihren früheren Berufsalltag erzählten, was wie der spannende Bericht aus einer völlig anderen Zeit anmutete.