Hamburg. Die Übersetzerin Isabel Bogdan hat ihren ersten eigenen Roman vorgelegt. Im März liest sie im Literaturhaus.

Porzellanteller mit Goldrand, die das britische Thronfolgerpaar zeigen, lächelnd. Postkarten mit Lady Di, lächelnd, Prince George, niedlich. Eine lebensgroße Papp-Queen im Schaufenster, queenig spleenig, das knallrote Poster mit dem britischen Propagandaspruch „Keep Calm and Carry On“ in diversen Ausführungen. Und ein (echter!) toter Vogel in der Klamottenecke. Der lächelt nicht mehr. Ein Fasan, sagt die Besitzerin des mit entzückenden Kleinigkeiten vollgestopften britischen Krämerlädchens Sweet Suburbia in Ottensen.

Isabel Bogdan nimmt den Vogel neugierig in die Hand, dreht ihn, wendet ihn, kichert, sie hat da keine Berührungsängste. Ein Fasan, wirklich? Leider kein Pfau, bedauert sie. Wobei so ein Pfau – jedenfalls im Debütroman der Hamburger Übersetzerin, Bloggerin und Autorin Bogdan – ja auch nicht immer zwangsläufig ein echter Pfau ist oder zu jeder Zeit wahrheitsgemäß als solcher deklariert wird.

Ein Haufen Banker – und ihre abenteuerlustige Köchin

„Der Pfau“ heißt Isabel Bogdans Roman, soeben erschienen bei Kiepenheuer & Witsch, mit einem ausgesprochen schönen Buchcover (gestaltet von Barbara Thoben) in den Farben des Empires: Rot, Weiß und Blau. Metallicblau natürlich, denn darum geht es. „Einer der Pfauen war verrückt geworden“, lautet der erste Satz, und dann erzählt Bogdan eben diese Geschichte, die eines Pfaus, der sich wie rasend auf blau glänzende Gegenstände stürzt, was ihn im Verlauf, so viel darf man vielleicht doch verraten, leider das Leben kostet und dadurch für viele lustige und schräge Irrungen und Wirrungen sorgt.

Isabel Bodgan: Der Pfau, Kiepenheuer & Witsch, 256 Seiten, 18,99 Euro
Isabel Bodgan: Der Pfau, Kiepenheuer & Witsch, 256 Seiten, 18,99 Euro © Kiepenheuer & Witsch | Kiepenheuer & Witsch

Denn der Pfau, dieses arme Geflügeltier, das im Roman zwischenzeitlich als Gans und auch als Fasan herhalten muss, ist für Isabel Bogdan letztlich nur der Anlass, um die Geschichte eines abgelegenen schottischen Anwesens zu erzählen, in dem sich neben den sehr reizenden Gastgebern Lord und Lady McIntosh auch das Gesinde und einige Feriengäste tummeln.

Vor allem ist da ein Haufen Londoner Banker auf „Teambuilding“-Trip, die ihr Unternehmen im psychologisch betreuten Fortbildungsseminar als Schiff zeichnen, eine Hütte im Schnee bauen und auch sonst so einige gruppendynamische Aufgaben erfüllen müssen, die einem handelsüblichen Banker im echten Berufsleben eher selten begegnen. Ein Haufen Banker – und ihre abenteuerlustige Köchin.

Bogdan schreibt unaufdringlich süffisant

Es sind vor allem diese Gestalten, die Bogdan sehr hübsch zu beschreiben und zueinander in (gern auch aberwitzige) Beziehung zu setzen weiß, die den Charme dieses Buches ausmachen. Isabel Bogdan schreibt unaufdringlich süffisant, immer wieder lesen sich ganze Passagen, als habe sie beim Dichten unmerklich und leicht lächelnd, „very British“ gewissermaßen, eine Augenbraue hochgezogen.

„Der Kern der Geschichte ist wahr“, erzählt sie beim Earl-Grey-Tee nach dem Fototermin im britischen Stöberlädchen. „Ich fand sie einfach so abgefahren, dass ich sie aufschreiben musste.“ Seit einem Vierteljahrhundert reist Isabel Bogdan selbst regelmäßig in die Abgeschiedenheit der schottischen Highlands, wo ihre Gastgeber einst tatsächlich von einem Pfau mit Hau berichteten.

Es war die Initialzündung für die Übersetzerin und rührige Bloggerin, doch einmal selbst einen fiktiven Text in der Langstrecke zu versuchen. „Vorher hatte ich immer Angst, dass mir einfach nichts einfällt.“ Dabei hatte sich Bogdan, eine quirlige und fröhliche Frau, die so gar nichts einsam Schreibstubenhaftes ausstrahlt, immer geärgert über die Frage, wann sie denn „endlich“ eine „eigene“ Geschichte schreiben würde: „Als sei Übersetzen eine Art Schreiben zweiter Klasse!“

Die kreative Leistung der Übersetzer

Der Status ihrer Zunft ist ihr ein Herzensanliegen, das merkt nicht nur, wer sich mit ihr über den Job unterhält, sondern auch, wer ihre sehr schön gestaltete Website besucht. Zu Recht bemängelt sie, die vornehmlich Texte aus dem Englischen ins Deutsche überträgt, dass diese Kreativleistung viel zu oft verschwiegen und vergessen wird: „Wie kann man die Sprache eines Romantextes loben und nicht merken, dass man eine Übersetzung gelesen hat?“

Übersetzen, das sei im Grunde „Schreiben vom vollen Blatt aus“, sagt Isabel Bogdan. „Wahrscheinlich kennt niemand ein Buch so genau wie der Übersetzer, nicht mal der Originalautor.“ Zu dessen Lesungen allerdings werde man als Übersetzer manchmal trotzdem nicht eingeladen, bedauert sie, selbst wenn man es in der Szene zu einiger Bekanntheit gebracht hat. Isabel Bogdan übersetzt renommierte Autoren wie Nick Hornby, Jane Gardam und Jonathan Safran Foer, teilweise gemeinsam mit den – ebenfalls gut gebuchten – Hamburger Kollegen Ingo Herzke und Brigitte Jakobeit.

Das Britische sei ihr dabei „emotional ein bisschen näher“ als das Amerikanische, sagt Isabel Bogdan. Was man auch ihrem Roman anmerkt, dessen Humor trocken und durchaus schwarz ist und dessen Einstieg vor einigen Jahren mit dem Hamburger Literaturförderpreis ausgezeichnet wurde.

Privat liest Isabel Bogdan übrigens lieber deutschsprachige als englische Bücher. Der Grund ist einleuchtend: „Ich glaube an meinen Beruf. Und ich liebe meine Sprache.“ Und wie nicht zuletzt „Der Pfau“ beweist, kann man schließlich auch auf Deutsch sehr feine schottische Geschichten erzählen.

Isabel Bogdan liest: 1. März, 19.30 Uhr, im Literaturhaus; 10,-/6,- Euro

Isabel Bogdan übersetzt: Jane Gardams Roman „Eine treue Frau“, der zweite Teil einer Trilogie, erschient a, 14. März. Schon der erste Teil, „Ein untadeliger Mann“, wurde von ihr übersetzt und steht auf der Bestsellerliste.