Es sind Schätze der Weltkultur, die in Hamburger Museen bewahrt werden. Wir stellen sie vor. Teil 4: Museum für Kunst und Gewerbe.
Alfons Mucha: Salon des Cent, 1896
Ich war froh, dass ich mich für eine Kunst engagierte, die für das Volk bestimmt war und nicht für den geschlossenen Kreis der Salonbesucher“, sagte Alfons Mucha 1897 im Interview mit einer Pariser Zeitschrift. Tatsächlich erreichte der tschechische Grafiker und Maler mit seinen Jugendstil-Plakaten eine viel größere Öffentlichkeit, als das mit einem anderen künstlerischem Medium damals möglich gewesen wäre. Ende des 19. Jahrhunderts war das Plakat noch neu, erlebte aber bereits einen ersten Höhepunkt. Die Plakate wurden nicht nur in Paris verbreitet, sondern schon bald auch auf Lizenzbasis im Ausland nachgedruckt. Sie warben für Kunstausstellungen, aber auch für Genussmittel und Versicherungen. Mit seinen fließenden Linien, den leuchtenden Farben und den erotischen Frauendarstellungen entwickelte Mucha einen ganz eigenen Stil. Das abgebildete Plakat schuf Mucha 1896 für eine Ausstellung in der Galerie Salon des Cent.
Giacomo Fiammingo: Kabinettschrank, um 1600
Was für eine großartige Inszenierung! Dieses prunkvolle Möbelstück, das um das Jahr 1600 in Neapel entstanden ist, verkörpert gewissermaßen die ganze Welt. Wenn man die Schreibplatte auszieht, entdeckt man eine drehbare Weltkarte, die das Habsburgische Reich geografisch ins richtige Licht rückt. Wurde dieser aus kostbarem Palisander, Makassar- und anderem Ebenholz bestehende und mit Elfenbein aufwendig verzierte Kabinettschrank speziell für König Philipp II. von Spanien angefertigt? Beweisen lässt es sich zwar nicht, aber die Vermutung ist nicht ganz von der Hand zu weisen. Auf jeden Fall handelt es sich hier um ein Möbelstück von höfischer Qualität. Interessant sind die vielfältigen thematischen Bezüge des Bildprogramms, die Elfenbeingravuren stammen von den italienischen Künstlern Giovanni Battista de Curtis und Januarius Piciaro. Bei seinem Entwurf orientierte sich Giacomo Fiammingo offensichtlich am antiken Theaterbau.
Hamburger Kunsthalle: Die Meisterwerke
Georg Erhart: Christuskind, um 1500
Das spätgotische Christuskind, das Georg Erhart um 1500 geschnitzt hat, stammt ursprünglich aus dem Zisterzienserinnenkloster im schwäbischen Heggbach. Es war im 13. Jahrhundert gegründet worden und bestand bis zum Jahr 1803, als es im Zuge der Säkularisation aufgehoben wurde. Seit dem Jahr 2000 ist es Bestandteil der St.-Elisabeth- Stiftung. Das nackte Kind, das die Hinwendung Gottes zu den Menschen in anrührender Weise zum Ausdruck bringt, ist 56,5 Zentimeter hoch und besteht aus Lindenholz. Als Herrschaftsgeste hält der Knabe in der linken Hand die Weltkugel, während er die Rechte segnend erhebt.
Die Farbfassung, die Hans Holbein der Ältere meisterhaft in einem Fleischton ausgeführt hat, betont zwar den Naturalismus der Skulptur, doch werden die Menschen sie im frühen 16. Jahrhundert kaum nackt gesehen haben. Meist wurden derartige Figuren in kostbare Kleider gehüllt und auf den Altar gestellt. Dieses Christuskind könnte aber auch als Teil einer Weihnachtskrippe in einer Wiege gelegen haben. In der neu gestalteten Abteilung zum christlichen Mittelalter, die Teil des Zyklus zu den Weltreligionen ist, werden die zentralen Inhalte des christlichen Glaubens, aber auch die Praxis der Heiligenverehrung und des Reliquienkultes anhand von herausragenden Kunstwerken dargestellt.
Das spätgotische Christuskind führte den Gläubigen in der Zeit kurz vor der Reformation die Menschwerdung Gottes auf besonders eindringliche Weise vor Augen. „Und das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns, und wir sahen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des eingeborenen Sohnes vom Vater, voller Gnade und Wahrheit“, heißt es im ersten Kapitel des Johannes-Evangeliums. Und so kann man sich gut vorstellen, wie die Nonnen das göttliche Kind in den Krippenspielen in der Weihnachtszeit liebevoll in wunderschöne Kleider hüllten und voller Andacht verehrten. Die meisterhafte Skulptur, die schon vor einigen Jahren zum Sympathieund Werbeträger des Museums für Kunst und Gewerbe avanciert ist, wurde 1953 mit Mitteln der Campeschen Historischen Kunststiftung erworben.
Unbekannter Künstler: Frauenfetisch, Steinzeit
Fast könnte man meinen, eine moderne Skulptur aus dem 20. Jahrhundert vor sich zu haben. Gerade die äußerst reduzierte Art der Darstellung erweckt heute den Eindruck von erstaunlicher Modernität. Dabei stammt dieses weibliche Idol, das am Südufer des Kaspischen Meeres gefunden und wahrscheinlich in Nordpersien gefertigt wurde, aus dem frühen ersten vorchristlichen Jahrtausend. Die eindrucksvolle Tonskulptur ist 21,3 Zentimer hoch und 10,2 Zentimer breit. In der Region zwischen Euphrat und Tigris, in der Levante, in Anatolien, auf der Arabischen Halbinsel und im persischen Hochland entwickelten sich die ersten altorientalischen Hochkulturen. In den Schöpfungsmythen dieser Zeit spielten Muttergöttinnen als Verkörperung von Fruchtbarkeit eine besondere Rolle. Auch dieses weibliche Idol der Amlasch-Kultur ist wohl so zu verstehen.
Meister Hasan, Sohn des Musa: Standartenbekrönung mit Koransure
Ein ausdrückliches Bilderverbot gibt es im Islam zwar nicht, dafür aber eine gewisse Scheu vor bildlichen Darstellungen. Nicht das Bild, sondern die Schrift ist daher der entscheidende Faktor in der islamischen Kultur. Vom Religionsgründer Mohammed wurde der Ausspruch überliefert: „Die Tinte des Gelehrten ist heiliger als das Blut des Märtyrers.“ Und so wundert es nicht, dass die arabische Schrift mit ihrer eigenen Ästhetik und ihrer dekorativen Qualität viele Gebrauchs- und Kunstgegenstände der islamischen Kultur prägt. Zum Beispiel auch diese prächtige Standartenbekrönung aus der persischen Safawiden-Dynastie. Die Signatur weist sie als ein Werk des Meisters Hasan, Sohn des Musa, aus. Das aus Stahl, Kupfer und Messing gefertigte Objekt wurde mit einer Koransure verziert, die innerhalb des tropfenförmigen Objekts als umlaufende Schrift zu lesen ist.
Museum für Kunst und Gewerbe
Mehr als eine halbe Million Objekte aus 4000 Jahren bewahrt und präsentiert das Museum für Kunst und Gewerbe in seinen Sammlungen, die in den vergangenen Jahren völlig neu gestaltet wurden. Steintorplatz, Di–So 10.00–18.00 Uhr, Do bis 21.00 Uhr, Do an und vor Feiertagen bis 18.00 Uhr