Hamburg. Der Theatermacher eröffnete1975 mit seiner Hamburger Deern Christa sein schwimmendes Theater und machte im Nikolaifleet fest.

Eberhard Möbius, von allen nur „Möbi“ genannt, betritt noch einmal seine Bühne. Es ist ein besonderer Moment an diesem Jubiläumsabend „40 Jahre Das Schiff“ jüngst im Oktober, als Conférencier Michael Frowin die Hamburger Theaterlegende auf das nicht einmal vier Quadratmeter kleine Podium holt. Das Mikrofon weist Möbi, 89, zurück, das habe er hier nie gebraucht. Eine knappe Stunde hat er den launigen Programmen seiner Nach-Nachfolger und den Geburtstagswünschen für Direktor Heiko Schlesselmann gelauscht, jetzt beginnt er selbst zu erzählen, und wir tauchen ein in die Geschichte dieses einzigen hochseetauglichen Kulturdampfers.

Doch Möbis erster Hafen lag im Gebirge. Nach der schweren See des Zweiten Weltkrieges reüssierte er im Stadttheater Wernigerode, zunächst als Schauspieler, später auch als Regisseur. 1958 zog es ihn ans Wasser, als Kesselreiniger bei Blohm & Voss atmete er Seeluft. Hier kam er zu der Erkenntnis, dass im Bauch eines Schiffes eine gute Akustik herrscht und man dort sicher vorzüglich Theater spielen könne. Der Rest ist Geschichte, nach einer Zwischenstation an „Fiete“ Schütters Ernst Deutsch Theater eröffnete Möbi 1975 mit seiner Hamburger Deern Christa sein schwimmendes Theater und machte im Nikolaifleet fest. In Personalunion Eigner, Kapitän und zuständig für die Unterhaltung an Bord. Und auch „Strippenzieher“, etwa für Helmut Schmidt: Der rief kurz nach seinem Abschied aus dem Bundeskanzleramt in der Theaterpause vom Bordtelefon der Schiffskajüte in Bonn an und erklärte den Verzicht auf alle Parteiämter – nachdenklich gemacht von Wilhelm Buschs Gedicht über einen abstürzenden Hochseilartisten.

In diesem urigen Schiffsrumpf hat Möbi 30 Jahre lang „dem Worte eine Heimat“ gegeben. Und auf diese Bühne hat er die größten Künstler gelotst. Welcher Theaterdirektor kann schon berichten, dass sich bei ihm Peter Ustinov, Gert Fröbe, Heinz Reincke, Helmut Qualtinger, Senta Berger und viele andere die Klinke in die Hand gegeben haben? Zu „Ehrenmatrosen“ hat Möbi sie befördert. Die rund 100 Plätze waren stets ausverkauft, schon ein Jahr im Voraus. Nur ein paar waren immer reserviert. Für Politgrößen, Wirtschaftskapitäne, Präsidenten. Ihnen allen hat Möbi kräftig die Leviten gelesen. Mit seiner kritisch-fröhlichen Art des literarischen Kabaretts, kräftig gewürzt mit einer Portion Lokalkolorit, aber nie beleidigend und immer mit einem verschmitzten Lächeln im Gesicht.

Auch die feine Gesellschaft kam, um sich von Möbi „Dresche“ abzuholen. Und wer in seinen Streifzügen nicht wenigstens mit einem Seitenhieb bedacht wurde, der galt nichts in Hamburg. So wurden seine Programme ein Stück Zeitgeschichte und Möbi zur Hamburgensie.

Ganz anders hat Möbi der Politik die Schweißperlen ins Gesicht getrieben. Für die Gründung des „Alstervergnügens“ erhielten Möbi und sein Team 1976 von der Finanzbehörde einen Zuschuss. Doch für dieses fröhliche Fest der Kulturen, damals alles andere als eine „Fressmeile“, benötigte Möbi nicht die volle Summe, und so stand er anderentags bei Finanzsenator Seeler im Büro, um die „nicht ausgeschöpften Mittel“ zurückzuzahlen. Doch dort wusste man nicht, wie man eine Rückzahlung verbuchen sollte, so was gab es sonst nie!

Der letzte Gedanke dieses Beitrages soll Christa gehören, der guten Seele. An Bord zuständig für Finanzen, Heuer, Ausstattung, Künstlersichtung – und vor drei Jahren gestorben. „Christa hat mit mir ein Leben geträumt“, schreibt Möbi. Welcher Theaterdirektor, welcher Künstler kann schon resümieren, 50 Jahre lang eine glückliche Ehe geführt zu haben? Viele fallen mir nicht ein ...

„Was für ein Theater!“ 70. Bühnenjubiläum Eberhard Möbius, Mo, 2.11., 19.30 Uhr, Ernst Deutsch Theater, Karten 25,-/erm. 12,50 unter T. 22 70 14 20; www.ernst-deutsch-theater.de Unser Autor Michael Lang ist Intendant der Komödie Winterhuder Fährhaus