Die ARD zeigt die dritte Staffel der Erfolgsserie „Weissensee“ heute und an den beiden kommenden Tagen.

Am heutigen Dienstag startet die von den Fans sehnsüchtig erwartete dritte Staffel der TV-Serie „Weissensee“. Die sechs Folgen werden an drei aufeinander folgenden Tagen gezeigt. In der Mediathek waren sie sogar schon früher zu sehen. Die Sendetermine kurz vor dem Tag der Deutschen Einheit sind mit Bedacht gewählt. Es geht in dieser Staffel um die Folgen des Mauerfalls für die Familie Kupfer. Inszeniert wurde die Staffel von Friedemann Fromm, Bereichsleiter Regie an der Hamburg Media School.

Martin Kupfer (Florian Lukas) nutzt die Gelegenheit und sucht in West-Berlin nach seiner verschwundenen Tochter. Unterstützung bekommt er von der Journalistin Katja Wiese (Lisa Wagner), die sich auch in ihn verliebt. Stasi-Offizier Falk Kupfer (Jörg Hartmann) zeigt sich mal wieder als harter Hund und plädiert für den Gewalteinsatz gegen Demonstranten. Die Dissidentin Dunja Haussmann (Katrin Sass) engagiert sich für ihre Bürgerrechtsgruppe und wird von einer West-Zeitung als IM geoutet. Eine schwere Zeit macht Vera (Anna Loos) durch. Ihr Freund, der Pastor Robert Wolff (Ronald Zehrfeld) ist verschwunden und wird später tot aufgefunden. Falk hatte bei dem Todesfall seine Finger im Spiel.

Erdacht hat sich die bei Kritik wie Zuschauern gleichsam erfolgreiche Serie, die mal den Arbeitstitel „Dallas in der DDR“ hatte, die Drehbuchautorin Annette Hess, 48. „Ich wollte von einer mächtigen Familie in der DDR erzählen. Dann landet man natürlich schnell bei Funktionären und der Stasi. Einer der Söhne verliebt sich in die falsche Frau: Schon ist man bei Romeo und Julia.“ Normalerweise kommen Produzenten auf Autoren zu und bitten sie, Ideen umzusetzen. Hier war es anders herum. „Ich setze lieber eigene Ideen um.“ Das verschlingt mittlerweile so viel Zeit, dass sie Aufträge von außen oft ablehnt, ein echtes Luxusproblem.

Die Autorin, die eigentlich Regisseurin werden wollte, dann aber Respekt vor dem logistischen Aufwand bekam, hat beim Arbeiten mittlerweile die Schere im Kopf. „Wenn ich eine Szene schreibe, die in einer Kneipe spielt, denke ich gleich: Du musst jetzt aber noch eine schreiben, sonst lohnt sich die Location nicht.“ Normalerweise haben TV-Serien acht oder 13 Folgen. Hess sollte sechs schreiben, weil historische Geschichten teuer sind. Ihre Produzentin war von Anfang an begeistert. „Regina Ziegler hat gleich gesagt: Das erzählen wir bis 2020.“ Mal sehen, ob sie recht behält.

Die erste Staffel spielte in den Jahren 1980/81. Von der DDR war noch kein Ende abzusehen. Die zweite spielt 1987, als die Stasi viele Bürgerrechtler verhaftet hat. Zum ersten Mal gab es damals Mahnwachen mit Kerzen von normalen DDR-Bürgern. „Darüber wurde in der West-Presse viel berichtet“, erinnert sich Hess. „Die Stasi ist damals zum ersten Mal eingeknickt und musste sie rauslassen. Da war eigentlich schon klar: Das geht hier den Bach runter.“ Die dritte Staffel thematisiert nun die Zeit direkt nach dem Mauerfall, als keiner wusste, was danach geschehen würde. „Für unsere Familie Kupfer war es das Schlimmste, was passieren konnte. Ich habe Kontakt zu ehemaligen Stasi-Mitarbeitern gehabt, die damals Todesängste ausgestanden haben“, sagt die Autorin.

Als die Mauer fiel, war sie in Hamburg auf einem 80. Geburtstag. „Einige Gäste kamen zu spät. Sie kamen herein, sagten nicht herzlichen Glückwunsch, sondern: Die Mauer ist auf. Wir standen mit 30 Leuten um den Fernseher herum und konnten es nicht fassen.“

Beim Schreiben baut sie erst einmal den Schluss, dann erst den Plot. „Man braucht auch so etwas wie eine Krimispannung. Wenn es dann läuft, die Figuren zu leben beginnen, lasse ich mich aber auch gern von ihnen mitnehmen und überraschen.“

Nach „Weissensee“ lässt man Hess beim Schreiben mehr künstlerische Freiheit

Hess ist viel beschäftigt. In Berlin laufen gerade die Dreharbeiten zu ihrer Serie „Ku’damm 56“, den die Ufa für das ZDF als Dreiteiler dreht. „Ich sehe jeden Tag die Muster, achte vor allem darauf, dass sich sprachlich keine Ungenauigkeiten einschleichen. Da rutscht schon mal ein ,Sorry‘ heraus, obwohl wir 1956 spielen. Außerdem stehe ich im Austausch mit den Schauspielern, um Szenen noch zu optimieren. Das empfinde ich als ausgesprochen bereichernd für beide Seiten.“

Nach dem Erfolg von „Weissensee“ lässt man ihr beim Schreiben jetzt viel mehr künstlerische Freiheit. „Das wäre vorher nicht denkbar gewesen“, sagt sie. Erfolg schafft offenbar Vertrauen. „Es liegt mir, Drehbücher zu schreiben, weil ich in Bildern denke und lakonisch knapp schreibe.“

Davon versucht sie sich gerade zu lösen, denn sie schreibt an ihrem ersten Roman. „Da muss ich mir jetzt immer den Befehl geben: Du kannst jetzt fabulieren und auch Sachen schreiben, die teuer werden. Das habe ich im Alter von zehn Jahren schon einmal versucht, bin aber nur bis Kapitel drei gekommen. Mal sehen, ob ich das überhaupt noch kann.“ Die Handlung spielt in den 1960er-Jahren, es geht um eine Dolmetscherin, die beim Auschwitz-Prozess übersetzt und vorher nichts von den Verbrechen wusste.

„Weissensee“ Di, Mi, Do, jeweils 20.15 Uhr, ARD