Wacken. Beim wohl größten Heavy-Metal-Festival der Welt standen mehr als 100 Bands auf dem Programm, rund 75.000 Menschen kamen in den kleinen Ort.
In Wacken bei Itzehoe feiern Heavy-Metal-Fans am Sonnabend den Abschluss des 26. Wacken Open Air (W:O:A). Bis tief in die Nacht wollen die Bands harte Töne liefern - unter anderem wird die britische Kultband Judas Priest aufspielen. Beim wohl größten Heavy-Metal-Festival der Welt standen mehr als 100 Bands auf dem Programm, rund 75.000 Menschen kamen in den kleinen Ort im Kreis Steinburg. Vermiest wurde vielen Fans das W:O:A von der extrem schlechten Wetterlage, Dauerregen und Wind hatten das Festivalgelände in eine Schlammlandschaft verwandelt.
Warum sind eigentlich nicht alle Festivals überdacht? Das böte einen ganzen Sack voller Vorteile, unter anderem den, dass man nicht nach kürzester Zeit völlig durchnässt wäre. Aber das Wacken Open Air ist nun einmal ein Festival ohne Schutz von und nach oben, also muss man sich mit der Wetterlage anfreunden.
Sollte noch irgendwer die Theorie haben, Metaller stünden allesamt mit dem Teufel im Bunde, die 26. Ausgabe des nach eigenen Angaben größten Metalfestivals der Welt würde ihn Lügen strafen. Denn Wacken 2015, das heißt seit Beginn der Woche, als die ersten Metalheads ein paar kostbare Quadratmeter Zeltplatz in Besitz nahmen, vor allem: Wasser von oben. Mehr Wasser als Bier. Es regnet nahezu durchgängig. Auch der erste offizielle Festivaltag ist geprägt von großzügigem Niederschlag.
Hamburg Airport wird zum Wacken Airport
Entsprechend gefragt sind die Plätze in der Bullhead City, einem Zirkuszelt, in dem schon seit Mittwoch Bands aufspielen, vor großem Publikum. Allerdings könnte vermutlich auch Edmund Stoiber das Telefonbuch von Herne vorlesen, er hätte kaum weniger johlende Zuhörer. Stichwort überdacht. Draußen durchweichen 30 Liter pro Quadratmeter das, was einmal eine Grasnarbe gewesen sein mag, drinnen wechseln 30 Liter Bier pro Quadratmeter Tresenfläche den Besitzer.
New Model Army waren einmal Heroen des alternativen Musikgeschmacks, aber das ist deutlich länger her als die letzte Schönwetterphase. Die Briten um Justin Sullivan reißen Songs herunter, von denen „The Haunted“ am besten ankommt. Den haben die Metal-Helden von Sepultura – dieses Jahr auch in Wacken – mal gecovert. Ansonsten hat diese Band in Wacken nicht viel verloren und wenig zu gewinnen. Die Stimmung ist trotzdem recht ausgelassen, aber das hat wohl mehr mit der Tatsache zu tun, dass man ein zuverlässig trockenes Plätzchen gefunden hat als mit der Musik gewordenen Reminiszenz an frühere Zeiten.
Frühere Zeiten haben aber auch ihre guten Seiten. Uli Jon Roth, in den 70er-Jahren Saitenbieger bei den Scorpions, ist nach wie vor der vielleicht beste deutsche Gitarrist. Und für seinen Auftritt im Zelt hat er sich tatsächlich nur alte Scorpions-Klassiker ausgesucht. Ja, die gibt es! „Pictured Life“, „The Sails Of Charon“, „We’ll Burn The Sky“ und „In Trance“ sorgen für selige Gesichter von Rocknostalgikern. Ähnlich ist es bei Europe. Die schwedischen Hardrock-Veteranen der 80er drehen mächtig auf, aber natürlich zählen alle nur die Zeit bis zu „The Final Countdown“ herunter. Zehn, neun, acht Bier werden an den Tresen geordert, die Cocktails haben keine (Regen-)Schirmchen, und dann geht es auf den langen Weg zurück zu den Zeltplätzen.
Es ist dunkel, die Suppe läuft von oben in die Kapuze und von unten in die Stiefel. Versunkene Kleinwagen säumen den Wegesrand, ein einsamer Volltrunkener macht einen Schlammengel, aus der Ferne dröhnt „Hole In The Sky“ von Black Sabbath aus einer Autoanlage. Und dann ist da noch dieser Spruch auf dem Schild an der Autobahnabfahrt: „Freu dich, du bist in Wacken.“