Hamburg. „Willkommen in deinem Leben“, ein Stück des US-Autors Michael McKeever, ähnelt zunächst einem Roadmovie.

Was ist groß, was klein? Was ist wichtig, was belanglos? Wenn die vermeintlichen Unterschiede auf der Bühne und im Theatersaal verschwinden, einen das Schauspiel mitnimmt und man sich nur diesen Momenten hingeben kann, ist das ein Gewinn für alle Beteiligten. So geschehen mit dem Theater Ravensburg und seiner Inszenierung von „Willkommen in deinem Leben“ zum Auftakt der 4. Privattheatertage. „Gerade weil es erst einmal kein leichter Stoff ist, wenn’s um Sterben geht“, hatte Initiator und Gastgeber Axel Schneider in seiner Rede die Auswahl des Eröffnungsstücks für das Altonaer Theater begründet. „Jede Theateraufführung, egal wie oft man sie spielt, ist einzigartig. Es ist ein Geben und Nehmen zwischen Publikum und Ensemble.“

Und die Schauspielerriege, die in Ravensburg in einem Haus spielt, das viermal so klein ist wie der 540-Plätze-Saal in Altona, gab viel – und genoss am Ende sichtlich den minutenlangen Applaus. Es war das erste von vier zeitgenössischen Dramen bei dem Festival, das als inzwischen etablierte Leistungsschau der 280 deutschen Privattheater erneut mit 500.000 Euro vom Bund, der Bundesbeauftragten für Kultur und Medien, gefördert wird. Je vier Produktionen konkurrieren auch in den weiteren Kategorien (moderner) Klassiker und Komödie um den Monica-Bleibtreu-Preis und – genreübergreifend – um den Publikumspreis, die am 28. Juni bei der Gala in den Kammerspielen vergeben werden.

„Willkommen in deinem Leben“, ein Stück, des US-Autoren Michael McKeever, das 2003 in Florida uraufgeführt wurde, ähnelt in der deutschen Übersetzung von Frank-Thomas Mende zunächst einem Roadmovie. In einem heruntergekommenen Motel wohnt Charlie Cox (Alex Niess). Er ist auf einer Reise – einer Reise mit Hindernissen. Charlie, der statt ein großer Schriftsteller nur ein mittelmäßiger Lektor geworden ist, hat erfahren, dass er nur noch wenige Monate zu leben hat. Als er auf seinem Trip durch die Wüste den skurrilen Anhalter Wally (Markus Hepp) mitnimmt, entpuppt sich dieser als sein personifizierter Sensenmann, nur eben mit Cowboyhut. Der Tod lauert. Und je öfter er Charlie verbal in die Parade fährt, desto mehr tragikomische Züge entwickelt die Inszenierung Karsten Engelhardts. „Da könnt ich auf der Stelle kotzen“, flucht Wally, als sich Charlie der Hoteliers-Witwe Nell (erfrischend wandlungsfähig: Ana Schlaegel) öffnet. Die große Liebe ist Charlie bisher nie begegnet, erst an seinem Lebensende bahnt sich was an, obwohl Nell immer wieder vom Klingeln ihres bettlägerigen Schwiegervaters auf Trab gehalten wird.

Sogar absurde Momente und Drive bekommt „Willkommen in deinem Leben“ mit dem Auftauchen von Kiki als personifizierte Liebe. Jutta Klawuhn verleiht ihr in einem Verschnitt der Entertainment-Diva Desirée Nick mit Perücke, Sonnenbrille und Schlitzkleid ordentlich Auftrieb. Fortan streiten Liebe und Tod auf einer zweiten Ebene zur Freude des Publikums, wer die Oberhand gewinnt. Wallys Fluch „Lass mich meinen Job machen!“ bekommt so fast verzweifelte Züge, Charlies spontaner Wunsch für ein Picknick mit Nell in der Wüste unverhofft romantische. Nicht nur Charlie und Darsteller Alex Niess, das gesamte Ravensburger Ensemble wirkte am Ende wie befreit. Nach Startproblemen hatte der Austausch mit dem Publikum funktioniert

Der beginnt bei den Privattheatertagen wie vor jeder Vorstellung auch heute in den Kammerspielen mit dem Hamburger Schauspieler Tommaso Cacciapuoti. Unter dem Motto „Theatermacher persönlich“ lädt er stets eine halbe Stunde vor Beginn zum Gespräch. Diesmal steht sein Kollege Mohammad-Ali Behboudi vom Theaterhaus Stuttgart Rede und Antwort, bevor er im brisanten Ein-Personen-Drama „Ich werde nicht hassen“ spielt.

4. Privattheatertage bis 28.6., jew. 20 Uhr, in neun Hamburger Theatern, Karten unter der HA-Ticket-Hotline T. 30 30 98 98; www.privattheatertage.de