Berlin. Zwischen still und schrill: Mit dem Echo kürt die Musikbranche die Erfolgreichsten. Doch in diesem Jahr war alles anders als sonst.
Nein, so richtig zum Feiern sei ihm nicht zumute, sagte Herbert Grönemeyer. „Eher in Moll“ sei er gestimmt. Seine Trauer wollte Grönemeyer erst gar nicht verbergen vor der Echo-Verleihung am Donnerstagabend in Berlin. Später bekam der Sänger („Dauernd jetzt“) einen Preis. Aber richtige Jubelstimmung kam bei ihm nicht auf. Das ging vielen so. Das Entsetzen über den Flugzeugabsturz in den französischen Alpen lag wie ein Schleier auf der 24. Echo-Gala.
Zwei Tage nach der Tragödie wollte sich die Musikbranche selbst feiern. Doch es war eine seltsame Stimmung. Gerade noch hatte der ARD-„Brennpunkt“ über neue Einzelheiten zum Absturz berichtet, da kam schon Barbara Schöneberger auf die Bühne. Eben noch das grausame Schicksal von 150 Menschen, dann folgte die Show-Routine. Zwischen Erschütterung und Vergnügen lagen nur eine Schweigeminute im Saal und eine Hommage an Udo Jürgens.
Eine schrille Moderatorin Schöneberger gab einen Gag nach dem anderen zum besten, lobte das Kassengestell der „sparsamen“ Griechin Nana Mouskouri (80), die einen Lebenswerk-Echo bekam, und erklärte die „Helene-Fischer-Festspiele“ für eröffnet.
„Farbenspiel“ erneut Album des Jahres
Fischer, Deutschlands Schlager-Königin und mit vier Nominierungen die absolute Favoritin, könne ja gleich Show und Moderation übernehmen. Sie selber könne dazwischen als „Puffer“ auftreten, sagte Schöneberger. Fischer gewann gleich in der Königskategorie. „Farbenspiel“ wurde zum zweiten Mal in Folge Album des Jahres. Es klang fast wie eine Entschuldigung, als Fischer sagte, sie habe die Menschen nicht gezwungen, ihre Platte zu kaufen. Später holte sie den Schlager-Echo ab - und den Preis für den Hit des Jahres: „Atemlos“.
Der emotionale Höhepunkt des Abends war wohl gleich am Anfang erreicht. Acht Künstler, von Udo Lindenberg bis Adel Tawil, von Grönemeyer bis Xavier Naidoo erwiesen Jürgens eine posthume Hommage. Ganz in Schwarz stimmten sie seinen Hit „Ich weiß, was ich will“ an.
Einige Momente großer Freude gab es auch, etwa als Newcomerin Oonagh („Oonagh“) ihre beiden Echos gewann - als beste deutsche Rock-Pop-Künstlerin und vielversprechendes Nachwuchstalent. Hinter dem Namen verbirgt sich die 24 Jahre alte Sängerin Senta-Sofia Delliponti.
Gedenken an getötete Opern-Musiker
Jan Josef Liefers, diesmal nicht als Schauspieler, sondern als Musiker dabei, war nachdenklich gestimmt. „Die After-Show-Party kann ich mir nur schwer vorstellen“, sagt er. „Ich habe Zweifel, ob hier heute Abend wirklich die Korken fliegen.“
Die Gala erinnerte bei ihrer Hommage an Verstorbene auch an die Musiker, die in der Germanwings-Maschine reisten: den Bassbariton Oleg Bryjak und die Altistin Maria Radner. Beide Sänger waren auf dem Rückweg von einem Gastspiel in Barcelona.
Schon als am frühen Abend Berlin Stars und Halbpromis über den roten Teppich schritten und sich vor der Sponsorentafel den Fotografen stellten, war das Unfassbare ihr Begleiter. „4U9525 - In stiller Anteilnahme“ stand auf schwarzem Hintergrund unter dem Logo von Germanwings, einer der Echo-Sponsoren. Auch draußen in der Kälte war die Stimmung gedämpfter als in früheren Jahren. Vor der Halle wehten die Fahnen auf halbmast.
dpa