Das neue Konzerthaus kostet ein Vielfaches des geplanten Preises. Lang Lang spielt das Eröffnungskonzert, aber der Baumeister boykottiert sein eigenes Werk. Zu Hamburg gibt es einige Parallelen.

Paris/Hamburg. Ein bisschen unbeachtet von der interessierten Hamburger Öffentlichkeit ist am Mittwochabend in Paris die neue Philharmonie eröffnet worden – nach Jahren der Bauzeit und mit natürlich immens gestiegenen Kosten. Staatspräsident François Hollande eröffnete das Haus. Lang Lang und Helene Grimaud sind die Stars der Eröffnungskonzerte, die am Sonntag sogar in einem Themenspecial beim deutsch-französischen Sender Arte zu sehen sein werden. In voller Länge, wie es sich für ein Ereignis dieser Kategorie gehört.

Und dabei fragt man sich natürlich, wie das aussehen wird, wenn in Hamburg die Elbphilharmonie am 11. Januar 2017 den wunderbaren Konzertsaal eröffnet. In Paris wie am Elbufer ist derselbe Star-Akustiker für den Klang verantwortlich: Yasuhisa Toyota.

Der Premierenabend in Paris war den Terroropfern gewidmet. 2400 Zuschauer lauschten, wie Hollande sagte: „Die Terroristen wollten die Kultur treffen. In der vergangenen Woche wollten drei Mörder einen schwarzen Schleier, einen Schleier des Schreckens über unser Land werfen (...), es ist ihnen nicht gelungen.“

Gleichzeitig lobte Hollande das „außergewöhnliche“ Konzerthaus und nannte dessen Eröffnung ein herausragendes Kulturereignis. Der Bau der Philharmonie im Nordosten von Paris dauerte acht Jahre und kostete 386 Millionen Euro, dreimal so viel wie ursprünglich vorgesehen.

Bei der Elbphilharmonie sind die Kosten mehrfach „angepasst“ worden. Nun ist von Gesamtkosten von 865 Millionen Euro die Rede, wovon die Stadt Hamburg 789 Millionen trägt. Die Elbphilharmonie wird in voraussichtlich zehn Jahren gebaut sein, die Kosten lagen bei Vertragsabschluss bei rund 114 Millionen Euro.

Zur Eröffnung in Paris war die Elite des französischen Kultur- und Politikbetriebs eingeladen. Star-Architekt Jean Nouvel blieb der Gala jedoch fern. „Die Philharmonie öffnet zu früh“, schrieb Nouvel in der Zeitung „Le Monde“. Der Zeitplan zur Inbetriebnahme des Konzerthauses verstoße gegen „architektonische und technische Anforderungen“.

epa04560264 Musicians of the Orchestre de Paris perform during the gala opening of the Paris Philharmonie concert hall in Paris, France, 14 January 2015. The Philharmonie, a multi-level concert complex whose main hall seats 2,400 on sweeping balconies surrounding the centre stage, took eight years and 386 million euros (455 million USD) of public money to build, a budget three times its initial estimate. EPA/CHARLES PLATIAU / POOL MAXPPP OUT +++(c) dpa - Bildfunk+++
epa04560264 Musicians of the Orchestre de Paris perform during the gala opening of the Paris Philharmonie concert hall in Paris, France, 14 January 2015. The Philharmonie, a multi-level concert complex whose main hall seats 2,400 on sweeping balconies surrounding the centre stage, took eight years and 386 million euros (455 million USD) of public money to build, a budget three times its initial estimate. EPA/CHARLES PLATIAU / POOL MAXPPP OUT +++(c) dpa - Bildfunk+++ © dpa

Nouvel weist die Verantwortung für die Kostenexplosion zurück. Er hält es für unverantwortlich, dass das Bauwerk nun schon eingeweiht wird, obwohl die Arbeit an dem Gebäude noch nicht abgeschlossen seien und die Musiker nicht genügend Zeit gehabt hätten, um in dem neuen Saal zu proben. Aus Sicht der Architekten werden für die Fertigstellung des Gebäudes noch Monate benötigt.

Der Direktor der Philharmonie, Laurent Bayle, verteidigte die Eröffnung des Neubaus. „Wir haben die Eröffnung schon um sechs Monate verschoben. Eine erneute Verzögerung hätte viel Geld gekostet“, sagte er der Zeitung „Le Parisien“. Zudem stehe das musikalische Programm bereits seit eineinhalb Jahren fest.

Der britische Dirigent Douglas Boyd, der ab Juli die Leitung des Pariser Kammerorchesters übernimmt, freut sich trotz des Streits auf seine neue Aufgabe. Paris könne sich einiger „großer, historischer Konzertsäle“ rühmen, sagte Boyd. „Aber die Philharmonie verspricht in Sachen Akustik ein unvergleichliches Live-Erlebnis.“ Die Sitze in dem Konzerthaus sind wie bei der Berliner Philharmonie rund um die Bühne angeordnet. Keiner der Zuschauer sitzt weiter als 32 Meter entfernt vom Dirigentenpult.