Satirische Darstellungen Mohammeds haben bereits mehrfach zu Unruhen und Drohungen geführt. Jetzt eskalierte die Situation mit dem Anschlag in Paris. Doch war der Prophet tatsächlich gegen Bildnisse seiner Person?
Die Mörder von Paris wollten nach eigenem Bekunden den Propheten Mohammed „rächen“. Dies bezog sich offenbar auf die nicht immer vorteilhaften Darstellungen von Mohammed im Satiremagazin „Charlie Hebdo“. Abgesehen davon, dass Verunglimpfungen des Propheten für Muslime ohnehin eine schwere Beleidigung darstellen, spielt hier wohl auch das von Islamisten behauptete Bilderverbot im Islam eine große Rolle.
Doch im Koran findet sich dieses Bilderverbot überhaupt nicht, wohl aber in einigen Hadithen, den Überlieferungen über die Aussprüche und Taten Mohammeds. Diese Hadithe stellen neben dem Koran die zweite Hauptquelle der islamischen Normenlehre dar. Das Problem dabei ist, dass niemand genau weiß, wann diese Sammlungen, die zunächst über lange Zeit nur mündlich weitergegeben wurden, zuerst schriftlich fixiert wurden und wie authentisch sie sind. Die allerältesten Papyri mit Hadithen stammen aus dem achten Jahrhundert, aber die Sammlungen wurden erst später zusammengestellt. Wissenschaftlich ist unklar, wie viel davon wirklich auf Mohammed zurückgeht oder später hinzugefügt wurde. Hadithe werden ihrer Authentizität nach in drei Klassen eingeteilt – authentisch, gut und schwach. Vorangestellt ist immer eine Tradentenkette (Isnad), bei der berichtet wird, wer diesen Ausspruch von wem gehört haben will, der sich wiederum auf wen beruft.
Persische Bilder zeigen Mohammed mit seiner Mutter
Ein von Mohammed angeblich überlieferter Spruch soll sinngemäß lauten: „Von demjenigen, der ein Bild anfertigt, wird am Tag der Auferstehung verlangt werden, dass er ihm Leben einhaucht. Das wird er aber nicht tun können.“ Doch das Bilderverbot im Islam setzte offenbar erst Jahrzehnte nach dem Tod des Propheten ein und setzte sich auch nicht überall in der muslimischen Welt durch. So gibt es viele islamische Darstellungen von Menschen, vor allem aus der frühen Zeit des Islam, und sogar persische und ottomanische Bilder von Mohammed und seiner Mutter Amina.
Das angebliche Bilderverbot geht wohl zurück auf Mohammeds ausgeprägte Abneigung gegen Götzenbilder und Idole. Das hatte einen handfesten Hintergrund: Als Verkünder einer neuen Religion war Mohammed aus seiner Heimatstadt Mekka 622 gewaltsam nach Medina vertrieben worden; als er dann im Januar des Jahres 630 mit seiner Armee siegreich nach Mekka zurückkehrte, ließ er die rund 360 in der würfelförmigen Kaaba, dem zentralen Heiligtum, aufgestellten Idole örtlicher Gottheiten zerstören und Fresken mit allerlei heiligen Bildern von den Wänden abwaschen – bis auf das von Jesus, des christlichen Propheten.
„Götzendienst“ war seitdem streng verboten. Mohammed wollte damit vermeiden, dass die Menschen zu den alten Göttern zurückkehrten. Und er wollte auch keine Bilder von sich, um zu verhindern, dass er selber als Gott verehrt wird. Er betont stets, dass er ein Mensch sei und dass eine derartige Verehrung allein Gott zukomme. Hier findet sich ein grundlegender Unterschied zum Christentum mit seinen Heiligenbildern, vor allem auch der Ikonen der orthodoxen Kirche. Mohammed übernahm aus den alten mekkanischen Traditionen die Kaaba mit ihrem als heilig verehrten schwarzen Meteoritenstein und auch den Namen eines regionalen Gottes – Allah – für seine neue Religion.
Die entsprechenden Gebote im Islam richteten sich ursprünglich also nicht gegen bildliche Darstellungen an sich, sondern gegen Vielgötterei und Götzenverehrung.