Die Donaustadt sorgt beim 4. Symphoniekonzert der Hamburger Symphoniker in der Laeiszhalle für inneren Zusammenhalt. Haydns ausgelassene Symphonie Nr. 88 wirkt wie eine Heimkehr ins gelobte Land.

Hamburg. Wien war die geistige Klammer des 4. Symphoniekonzerts der Hamburger Symphoniker. Brachte die Donaustadt doch die Wiener Klassik, Mahlers mittleres Schaffen und die Neue Wiener Schule hervor. Wenngleich Haydn jahrzehntelang auf Schloss Esterháza komponierte und Mahler in seiner Villa am Wörthersee. Echt wienerisch sind dagegen Schuberts Jugend-Symphonien und die „Altenberg-Lieder“ von Alban Berg, die 1913 den Großen Musikvereinssaal in Aufruhr versetzten.

Am Sonntag lösten die expressionistischen Liedminiaturen auf halb tiefsinnige, halb ironische Aperçus des Wiener Kaffeehausliteraten in der Laeiszhalle allenfalls freundliches Befremden aus. Widmeten sich Michaela Schuster (Mezzosopran), Opernkennern als Wagner-Heroine vertraut, und die solistisch geforderten Symphoniker den seltsamen Regungen und Zuckungen der Partitur doch mit einer verhaltenen Leidenschaft, die auch die Skeptiker unter dem jugendlich durchwirkten Publikum überzeugte. Tonloses Sprechen, wortlos gesummte Töne, Pauken-Glissando, Streichen am Saitenhalter, Streichen einer zwischen Daumen und Zeigefinger festgeklemmten Saite? Vorechos auf Bergs Oper „Wozzeck“. Danach wirkte Haydns ausgelassene Symphonie Nr. 88 wie eine Heimkehr ins gelobte Land, wenngleich der alte Fuchs seine Hörer gern an der Nase herumführt und allerlei Vexierspiele veranstaltet, die Jeffrey Tate gleichsam mit lächelndem Taktstock hervorkitzelte.

Als Pendant zu Bergs Zyklus sang Michaela Schuster nach der Pause Mahlers (ein Jahrzehnt ältere) fünf Rückert-Lieder wahrhaft berückend. So wurden das streicherlose, fast sakrale Mitternachtslied und das innige, vom Englischhorn angeführte Bekenntnislied „Ich bin der Welt abhanden gekommen“ zu Psychogrammen der Einsamkeit. Die 2. Symphonie des 18-jährigen Franz Schubert als Kehraus: Rütteltest eines Übermütigen, die Stilgrammatik der Wiener Klassik betreffend.