Deutschland hat wohl weltweit das vielfältigste Theater. Die nationale Auszeichnung geht unter anderen an den Regisseur Johan Simons („Dantons Tod“) und die Schauspielerin Dagmar Menzel („Gift“).
Hamburg. Wer sich im Ausland oder innerlich nicht gern als Deutscher fühlt, dem kann man nur wünschen, Theaterliebhaber zu sein. Deutschland hat wohl weltweit das großartigste und vielfältigste Theater. Rund 5000 Inszenierungen gibt es pro Jahr, etwa 40.000 Menschen arbeiten hier allein in Festanstellung an den Theatern, Opern und Orchestern. Schön, dass es seit 2006 einen nationalen Theaterpreis gibt, der in zehn Kategorien vergeben wird, den Faust.
Die Ehrung wird von der Kulturstiftung der Länder, der Deutschen Akademie der Darstellenden Künste, dem Bühnenverein und einem jährlich wechselnden Bundesland vergeben. Am Wochenende fand die Verleihung erstmals in Hamburg statt.
Die Branche war reichlich und gut gelaunt zum Fest in die Staatsoper gekommen, sogar Nobelpreisträger Günter Grass. Er kam zu Ehren von Maria Müller-Sommer, die für ihr Lebenswerk ausgezeichnet wurde. Die 92-Jährige, die seit 1950 den Gustav Kiepenheuer Bühnenverlag leitet, den sie mit dem Verkauf der Uhr ihres Vaters erwarb, hat unzählige Autoren und ihren Werken zu Inszenierungen verholfen.
Ulrich Matthes führte kurzweilig durch den Abend. Gleich zu Beginn spielte er mit einem Texthänger: „Als Schauspieler wird man ja oft gefragt ...“ Und dann ergänzten fünf Souffleusen: „... wie man so viel Text behalten kann.“ Die Souffleusen wünschten sich den Souffleurkasten zurück, „da kann man sich auch mal die Nase putzen“, hieß es. Bürgermeister Olaf Scholz wurde gefragt, ob er als Kind Theater gespielt habe. „Ja“, antwortete Scholz, „aber ich glaube, das war Klamauk“. „Was denn?“ wollte Matthes wissen und bekam zur Antwort „Tschechow“ und Gelächter.
Die beste Musiktheater-Regie erhielt Sandra Leupold
Ausgezeichnet wurde Dagmar Manzel für ihre Rolle in „Gift“ von Lot Vekemans am Deutschen Theater Berlin. Die Aufführung ist am Dienstag und Mittwoch im St. Pauli Theater zu sehen. Regisseur Johan Simons bekam die Trophäe für seine Inszenierung von „Dantons Tod“ an den Münchner Kammerspielen. Simons inszeniert derzeit Siegfried Lenz’ „Deutschstunde“ am Thalia Theater (Premiere: 22. November).
Den Faust für die beste Musiktheater-Regie erhielt Sandra Leupold für ihre Inszenierung von „Don Carlo“ am Theater Lübeck. In der Kategorie beste Sängerdarsteller gewann Evelyn Herlitzius für die Titelrolle in „Elektra“ an der Staatsoper Dresden.
In der Kategorie Choreografie erhielt Christoph Winkler den Faust für „Das wahre Gesicht – Dance is not enough“ am Ballhaus Ost-Berlin. Als beste Tänzerin wurde Bruna Andrade für „Der Fall M.“ und „Spiegelgleichnis“ vom Staatsballett Karlsruhe ausgezeichnet. Für Bühne/Kostüm bekam Aleksandar Denic den Faust für Wagners „Der Ring des Nibelungen“ bei den Bayreuther Festspielen (Regie: Frank Castorf). Den Faust für das beste Kinder- und Jugendtheater gewann Andrea Gronemeyer für „Tanz Trommel“ am Nationaltheater Mannheim.
Begleitet wurde der Abend von Beiträgen der Philharmoniker Hamburg (Leitung: Simone Young) sowie des Hamburg Balletts und des Internationalen Opernstudios. Auch das Gespräch mit den Schauspielern Peter Striebeck, Christoph Bantzer und Heinz Lieven verlief amüsant. Und die Theater, gefragt nach einem Wort, das ihr Haus kennzeichnet gaben launige Antworten: „Bahnhofsnah“ sieht sich das Schauspielhaus, und das Thalia als „ein wieder liebenswerter Borst“. Aha.