Firmen sind zunehmend bereit, auch öffentlich zu zeigen, dass Kunst für sie einen hohen Stellenwert hat. 20 Hamburger Unternehmen zeigen ihre sonst nur Mitarbeitern zugänglichen Sammlungen.

Hamburg. Büroetagen sind eine langweilige Sache. Normalerweise. Es gibt aber Ausnahmen, und die treten jetzt durch die Initiative Add Art zum zweiten Mal öffentlich in Erscheinung. Im vergangenen Jahr nämlich hat der PR-Mann Hubertus von Barby die Add Art in Hamburg gegründet, und auch jetzt sitzen 20 Hamburger Unternehmen, die Handelskammer und der Kulturkreis der Deutschen Wirtschaft mit im Boot.

Beteiligt sind unter anderem Hapag-Lloyd, die HypoVereinsbank, Unilever und Jung von Matt, aber auch eine Reihe namhafter Kanzleien und Konzerne. Die Add-Art-Idee hatte von Barby, der sonst im Finanzsektor unterwegs ist, in Frankfurt kennengelernt. Dort heißt das Programm „Kunst privat“, und kunstaffine Unternehmer zeigen in der Mainmetropole ihre Sammlung, die sonst hinter verschlossenen Türen schlummert, für wenige Tage der Öffentlichkeit. Add Art heißt auf Deutsch „Füge Kunst hinzu“.

Arbeiten in der Gegenwart von Kunstwerken ist anders als ohne sie, und auch anders als in Gegenwart billiger und/oder geschmackloser Drucke, wie sie noch immer weit verbreitet sind auf deutschen Firmenfluren. Das bestätigen die beteiligten Unternehmer immer sehr bereitwillig.

„Erfreulicherweise sind Firmen zunehmend bereit, auch öffentlich zu zeigen, dass Kunst für sie einen hohen Stellenwert hat und der offene Dialog mit Künstlern sehr fruchtbar sein kann“, sagt Hubertus von Barby. „Auf diese Weise entsteht eine Dynamik, die sich auch auf das Kulturleben der Stadt auswirkt.“

Acht Unternehmen zeigen junge Nachwuchskünstler

Am 1. und 2. November kann man nun wieder, nach Voranmeldung im Internet, 20 Hamburger Unternehmen besuchen, um sich in einer der Führungen deren Kunstsammlung bzw. Ausstellung anzusehen. 2013 haben 1200 Interessenten teilgenommen. Wunderbarerweise haben sich acht der beteiligten Unternehmen entschlossen, Arbeiten junger Nachwuchskünstler auszustellen und zum Teil auch anzukaufen.

Manche geben sogar gezielt Kunstwerke in Auftrag. Hier wird die Sache besonders interessant, weil unberechenbar lebendig und kommunikationsfördernd.

„Kreativität ist bei uns das A und O“, erklärte Michael Schäfer von der Wirtschaftskanzlei Freshfield, Bruckhaus, Deringer schon zum Start der Initiative. „Wir sind nicht die Kanzlei für Lösungen, die man nachbeten kann. Wir betreuen hochkomplexe Projekte, die viele Jahre laufen. Zeitgenössische Kunst finde ich reizvoll, weil sie einen anderen Blick auf die Dinge hat und vieles infrage stellt, was bisher als selbstverständlich galt.“

Auch 2014 ist Freshfield, Bruckhaus, Deringer wieder dabei. An junge Hamburger Nachwuchskünstler vergibt die Kanzlei jährlich den „Hamburg New Positions Art Price“, richtet eine Ausstellung in einer ihrer Etagen aus und druckt einen zweisprachigen Katalog des ausgezeichneten Künstlers.

Griebe kommt aus einem kunstfreundlichen Elternhaus

Bei Thomas Griebe, 51, ist das ähnlich. Griebe kommt aus einem kunstfreundlichen Elternhaus, malt auch selbst und hat rund 30 Jahre in der renommierten Kanzlei Taylor Wessing gearbeitet, zu deren Selbstverständnis schon lange das Leben mit Kunst und der Kontakt zu Künstlern gehört. Auch Taylor Wessing beteiligt sich an der Add Art. 2013 hat sich Griebe mit Partner Henning Müller, 36, selbstständig gemacht und in Düsseldorf, München, Berlin und Hamburg die Kanzlei vangard gegründet.

Hier am Neuen Wall ist allerdings bisher der einzige Standort, der junge Nachwuchskünstler fördert. Das wird aus tiefer Überzeugung getan: „Der Hauptgrund ist, dass wir Kunst sehr schätzen. Wenn ich mit Kunst zu tun habe, verlasse ich meine Denkrillen.“

Kunst sei auch hilfreich, wenn er mit einem Brett vor dem Kopf dastehe. Seine Anwaltskanzlei für Arbeitsrecht zeigt zum Beispiel verfremdete, Räumlichkeit und Fläche verhandelnde Porträts von Nathalie Hummel, außerdem komplexe, piktogrammartige Architektur-Bilder von Anna Nägel. Darüber hinaus richtet die Kanzlei für ihre Mandanten eine Vernissage in Anwesenheit der Künstlerinnen aus und druckt einen Katalog.

Das Schöngeistige kommt nicht mehr zum Tragen

Und noch ein weiterer Aspekt spielt für Thomas Griebe eine Rolle: „Wir wollen den jungen Künstlern und Künstlerinnen die Chance geben, in einen Teil ihres Berufslebens einzusteigen, den sie meistens noch nicht kennengelernt haben: zuverlässig ein Werk abliefern, Preise festlegen, Interessenten den tieferen Sinn ihres Bildes erläutern.“

Auf der Fensterbank seines Büros steht ein aus Ästen bestehender Turm, den Griebe gemeinsam mit seinen Kindern zusammengebastelt hat. Daran erinnert er sich gern, „man braucht solche Gegenpole“. Seine Kollegen und er arbeiten schließlich viele Stunden täglich in ihren Büroräumen unter Stress, ein Kunstwerk, das einen anspreche, bringe einen da immer wieder dazu, innezuhalten – und sei es auf dem Weg zum Kopierer.

„Das Schöngeistige kommt im operativen Geschäft ja gar nicht mehr zum Tragen“, stellt Griebe fest. „Kunst signalisiert in diesem Zusammenhang, dass wir noch Interesse an anderen Dingen als dem eigenen Beruf haben.“

Auch die Buss Group in der Hafencity unterstützt Nachwuchskünstler in Zusammenarbeit mit der Hamburger Galerie Conradi, die dort Mitarbeiter-Führungen angeboten hat. Kunstwerke in seinen Büros, sagt Geschäftsführer Johann Killinger, „kann auch Menschen erreichen, die im Alltag nicht so sehr an Kunst interessiert sind“.

Der Unternehmensberater sammelt seit 40 Jahren Kunst

Auch einige Urgesteine unter den Hamburger Kunstsammlern beteiligen sich an der Add Art: Der Unternehmensberater Heinz Lohmann sammelt seit 40 Jahren Kunst, die in den Geschäftsräumen seiner Firma Lohmann konzept allgegenwärtig ist. Die Gemälde, Skulpturen, Objekte, Fotos, Computerkunstwerke oder Videoarbeiten gehören zur Sammlung oder den Gesellschaftern. Sie „führen deshalb immer wieder zu intensiven Gesprächen mit unseren Gästen. Da ist der Ausgangspunkt häufig zunächst eine Irritation unserer Besucher durch die Kunst“, sagt Lohmann. Seit 1994 betreibt er zudem einen eigenen Ausstellungsraum, mit ganz schön hohem Anspruch.

Anmeldung bis 31.10., 16 Uhr, an: info@addart.de