Der Hamburger Moderator Jörg Pilawa rügt die Manipulation der Abstimmungsergebnisse zur ZDF-Sendung „Deutschlands Beste“. Zudem soll der Skandal Berichten zufolge kein Einzelfall gewesen sein.

Mainz. Der Hamburger TV-Moderator Jörg Pilawa, 48, zu Jahresbeginn vom ZDF zur ARD gewechselt, hat seinen alten Sender nach den Manipulationen an der Rankingshow „Deutschlands Beste“ kritisiert. „Die Scripted Reality ist jetzt auch in der Unterhaltung angekommen“, sagte der 48-Jährige in einem Gespräch mit der Nachrichtenagnetur dpa. Das Fernsehen entferne sich auf diese Weise vom Zuschauer. Unter „Scripted Reality“ versteht die Branche TV-Beiträge, die dokumentarisch wirken, aber von Drehbuchautoren verfasst werden.

Das ZDF hatte in den zwei Shows „Deutschlands Beste!“ am 2. und 3. Juli die angeblich nach Umfragen beliebtesten 50 Frauen und Männer vorgestellt. Am vergangenen Freitag räumte der Sender ein, dass die Redaktion die Listen gezielt manipuliert habe. Eingeladene Gäste der Shows seien im Ranking nach oben gestuft worden. Das ZDF prüft derzeit „arbeitsrechtliche Konsequenzen“. Möglicherweise werden diese noch in der laufenden Woche getroffen.

Der Vorsitzende des ZDF-Fernsehrats, Ruprecht Polenz, schlug inzwischen vor, bei künftigen Shows mit Umfragen Experten mitwirken zu lassen. „Zu möglichen strukturellen Konsequenzen könnte gehören, dass bei jeder Sendung, in die Zuschauer per Umfrage repräsentativ einbezogen werden sollen, eine Stelle mitwirkt“, teilte Polenz in Mainz mit. Dies solle eine Institution sein, die mit derartigen Befragungen Erfahrungen habe „wie zum Beispiel die ZDF-Medienforschung oder die Forschungsgruppe Wahlen“. Der Fernsehratsvorsitzende hatte in einem Schreiben an die Mitglieder des Kontrollgremiums erklärt, der Vorfall habe die Glaubwürdigkeit des ZDF beschädigt. Es müsse Konsequenzen geben, damit sich so etwas nicht wiederhole.

Manipulierte das ZDF weitere Shows?

Mittlerweile scheint der Skandal um die Manipulationen noch weitere Kreise zu ziehen. So berichtet der „Tagesspiegel“, dass der Sender schon im Jahr 2007 zu einer Abstimmung für die Show „Unsere Besten – Musikstars aller Zeiten“ aufgerufen hatte. Demnach haben damals die Fans der wegen ihrer ausländerfeindlichen Songtexte umstrittenen Band Böhse Onkelz das Angebot zur Abstimmung so intensiv angenommen, dass ihre Band auf Platz eins landete.

Das konnte dem ZDF natürlich nicht gefallen. Die Redaktion soll daraufhin eine „Neuberechnung“ des Ergebnisses vorgenommen haben. Danach kam man zu einem ganz anderen Ergebnis. Die Sieger lauteten damals Herbert Grönemeyer, Udo Jürgens und Wolfgang Amadeus Mozart. Die Böhsen Onkelz traten nicht in der anschließenden Sendung auf.

Schon im Jahr 2005 sollen rechtsradikale Gruppen beim Voting für „Unsere Besten – Jahrhundert-Hits 2005“ von Fans zuerst zahlreich und heftig nach oben gestimmt und dann von der Redaktion wieder zurückgestuft worden sein. Eine Ausnahme bildete damals die Band Rammstein. Auch diese Musiker sind für brachiale Härte und ihre kontroverse Texte bekannt. Aber sie durften trotzdem in der Sendung auftreten.