Die Ausstellung „Letzte Zeugen“ in der KZ-Gedenkstätte Neuengamme erzählt vom Schicksal inhaftierter slowenischer Gefangener. Sie läuft bis zum 29. August.

Hamburg. Sie werden weniger, die letzten Zeugen. Diejenigen, die das Leid und die Entbehrungen in den Konzentrationslagern überlebt haben und über ihre Leiden, ihre Hoffnungslosigkeit, ihren Überlebenskampf und ihre Peiniger berichten können. „Letzte Zeugen“ heißt eine Ausstellung, die ursprünglich im Museum für Neuere Geschichte in Ljubljana gezeigt wurde und nun Station in der KZ-Gedenkstätte Neuengamme macht. Von den 100.000 Menschen aus ganz Europa, die zwischen 1938 und 1945 in Neuengamme inhaftiert waren, kamen etwa 1000 aus Slowenien. Sie hatten sich gegen Zwangsarbeit aufgelehnt, Partisanen unterstützt oder wurden als deutschenfeindlich denunziert und waren deshalb in Lager transportiert worden. Die meisten Slowenen landeten in fünf italienischen Lagern in Renicci, Visco, Chiesanuova, Gonars und Rab.

Die Journalistin Sasa Petejan, die Fotografin Manca Juvan und die Historikerin Urska Strle sind der Frage nachgegangen, welche Erinnerung ehemals inhaftierte Slowenen an die Zeit in diesen Konzentrationslagern haben und wie sie diese Erinnerung an ihre Kinder und Enkel weitergegeben haben. Das Autorinnenkollektiv hat Internierte und ihre Nachkommen befragt, wie weit sie diese Erfahrung der Haft in sich tragen. Außerdem sollten sie einen Gegenstand auswählen, der sie mit der Zeit oder der Person verbindet, die damals das Leiden im KZ erdulden musste. Daraus sind Geschichten entstanden, die im Internet unter http://remembering fascistcamps.blogspot.de/ stehen.

In der Gedenkstätte in Neuengamme sind die eindrücklichen Fotos zu sehen, die Manca Juvan von den Überlebenden oder ihren Nachfahren gemacht hat. Eine dieser Töchter heißt Barbara Türk. Sie sagt: „Die Inhaftierung ist Teil meiner Identität.“

Außerdem werden in der Ausstellung die italienischen Lager beschrieben, in denen die Slowenen festgehalten wurden. Während des zweiten Weltkriegs haben Italiens Faschisten unter Benito Mussolini das Nachbarland besetzt und versucht, es zu „italienisieren“, in dem sie zum Beispiel die slowenische Sprache verboten haben.

Einer, der sich damals der Befreiungsbewegung angeschlossen hat, war Boris Pahor. Der 100 Jahre alte Schriftsteller war am Mittwoch bei der Eröffnung der Ausstellung in Neuengamme anwesend und hielt eine beeindruckende Rede, in denen er von seiner eigenen Haft in Dachau, Dora-Mittelbau und Bergen-Belsen erzählte.

Pahor wies darauf hin, dass die Lager in Deutschland angesichts der Schoah oft vergessen werden und dass Deutschland voller Außenlager gewesen sei, in denen Menschen bis zum Tode schuften mussten. Der Schriftsteller erwähnte auch den später in den USA gefeierten Raketeningenieur Wernher von Braun, der im Rang eines SS-Sturmbannführers das Lager Dora-Mittelbau geleitet habe. Dort sind Hunderte von Zwangsarbeitern ums Leben gekommen.

Jan Philipp Reemtsma, Honorarkonsul von Slowenien und mitverantwortlich für die Sonderausstellung in Neuengamme, stellte Pahor als bedeutenden Bewahrer der slowenischen Sprache dar. Sein Roman „Nekropolis“ und andere Werke sind ins Deutsche übersetzt worden. Am Dienstagabend hatte Boris Pahor, der mehrfach als Kandidat für den Nobelpreis genannt worden ist, im Literaturhaus aus „Nekropolis“ gelesen.

Auch Maria Kos Marko, slowenische Botschafterin in der Bundesrepublik, lobte Pahor für seinen Kampf um das Weltbürgertum, für den Erhalt der Sprache, der Liebe und des Lebens. Pahor sei ein Beispiel dafür, wie die Kunst das Böse besiege.

Die Ausstellung „Letzte Zeugen. Erinnerungen von Häftlingen der faschistischen Lager“ läuft bis zum 29. August, Jean-Dolidier-Weg 75. Am heutigen Donnerstag um 10 Uhr führen die Autorinnen durch die Ausstellung und stellen ihr Konzept vor. Weitere Vorträge zum Thema Besatzungspolitik in Slowenien und zum Schicksal der Häftlinge gibt es am 3. Juli, 19 Uhr, im italienischen Kulturinstitut (Hansastraße 6) und am 8. Juli, 19 Uhr, in der Friedrich-Ebert-Stiftung (Rathausmarkt 5).