Ab sofort hat Hamburg einen großen Literaturpreis, den Siegfried Lenz Preis, zu vergeben. Der Preis ist mit 50.000 Euro dotiert. Erstmals soll die Auszeichnung im November im Hamburger Rathaus überreicht werden.
Hamburg. Es sind Nachrichten, der dem Literaturprofil Hamburgs gut tun: Ab sofort wird in der Hansestadt der Siegfried Lenz Preis vergeben. Er ist mit 50.000 Euro dotiert und damit neben dem Büchner-Preis und dem Joseph-Breitbach-Preis der finanziell am üppigsten ausgestattete jährlich vergebene Preis im deutschen Sprachkreis. Erstmals überreicht werden soll er im November – im Hamburger Rathaus.
Der Preis ist nicht die einzige mit Lenz verbundene Neuigkeit, denn der Schriftsteller und Hamburger Ehrenbürgerin hat zudem die gemeinnützige „Siegfried Lenz Stiftung“ ins Leben gerufen. Die Stiftung wird Stipendien vergeben und junge Künstler und Wissenschaftler unterstützen.
Herausragend aber ist die Vergabe eines Preises, mit dem internationale Schriftstellerinnen und Schriftsteller ausgezeichnet werden sollen, die mit ihrem Werk Anerkennung erlangt haben und deren schöpferisches Wirken dem Geist Siegfried Lenz’ nahe steht. Lenz kombiniert zumeist menschliche Schicksale mit je aktuellen gesellschaftlichen Fragen: Ob in seinem bekanntesten Buch „Deutschstunde“ (1968) oder in „Fundbüro“ (2003), es geht Lenz um die sozialen Aspekte der menschlichen Existenz, die Frage nach gesellschaftlicher Pflicht, aber auch Verstrickung.
Der Preis dürfte allein wegen seiner Ausstattung in die Reihe der wichtigen Auszeichnungen rücken. Über die Vergabe entscheidet eine Jury in der Hamburg ehemalige Kultursenatorin Christina Weiss, Literaturhauschef Rainer Moritz, die Schriftstellerin Ulla Hahn, der Literaturkritiker Ulrich Greiner und Günter Berg sitzen, ehemals langjähriger Chef des Verlages Hoffmann und Campe, der nun mit seiner neu gegründeten Literaturagentur unter anderem Siegfried Lenz betreut.
Preis und Stiftung – sie wird ihren Sitz in Barmbek-Süd haben – gehören zum Vorhaben, das Werk dieses deutschen Klassikers zu ordnen. Vor wenigen Wochen erst habe der Autor das Deutsche Literaturarchiv in Marbach besucht, an das sein persönliches Archiv übergeben werden solle, heißt es in einer Pressemitteilung seines Stammverlags Hoffmann und Campe, bei dem Lenz’ Werk seit 1951 erscheint.
Der 88-jährige Siegfried Lenz selbst sagt zu den Plänen um sein schriftstellerisches Werk: „Meine Frau Ulla und ich sind in einem Alter, wo es Zeit wird, wichtige Dinge vernünftig zu regeln. Die Stiftung wird uns in Zukunft von manchen Entscheidungen entlasten. Bei der ersten Verleihung des Literaturpreises, der meinen Namen trägt, werden wir im Hamburger Rathaus sicher viele Freunde und Kollegen treffen. Ein Grund zur Freude.“
Er zählt seit Jahrzehnten zu den bedeutendsten und meist gelesenen Schriftstellern deutscher Sprache. Die Weltauflage seiner in mehr als 30 Sprachen übersetzten Bücher beträgt mehr als 20 Millionen. Lenz wurde selbst schon mit vielen Preisen ausgezeichnet, unter anderem mit dem Goethepreis der Stadt Frankfurt am Main, dem Friedenspreis des deutschen Buchhandels und dem Lew-Kopelew-Preis für Frieden und Menschenrechte. Zu seinen größten, auch internationalen Erfolgen, zählen neben „Deutschstunde“ auch„Heimatmuseum“. Zahlreiche seiner Werke wurden verfilmt. In diesem Jahr erscheinen mehrere Lenz-Bücher oder mit Lenz befasste Titel. Zum einen seine Kurzgeschichte „Leute von Hamburg“ mit Illustrationen von Klaus Fußmann und einem Vorwort von Helmut Schmidt. Zum anderen eine von Heinrich Detering besorgte Auswahl von Lenz' wichtigsten Essays aus fünf Jahrzehnten mit dem Titel „Gelegenheit zum Staunen". Außerdem beleuchtet Jörg Magenau in seiner Studie „Schmidt-Lenz. Geschichte einer Freundschaft“ die Beziehung der beiden berühmten Hamburger.
In Hamburg gesellt sich der Siegfried Lenz Preis neben Auszeichnungen wie den Ben-Witter-Preis (dotiert mit 15.000 Euro), den Klaus-Michael-Kühne-Preis (10.000 Euro), den Mara-Cassens-Preis (15.000), den Hannelore-Greve-Preis (25.000 Euro) und die Förderpreise der Kulturbehörde.
Für Jurymitglied Rainer Moritz, der in seiner Eigenschaft als Literaturhaus-Chef den Literatur-Standort Hamburg mitunter auch kritisch betrachtet, ist der Lenz Preis eine schöne Sache: „Ein neuer Literaturpreis macht noch keinen Hamburger Sommer, aber es ist ein schönes Zeichen, dass es nun einen – angenehm hoch dotierten – Literaturpreis geben wird, der den Namen des großen Hamburger Schriftstellers Siegfried Lenz trägt. Und dass dieser Preis Autoren ehren soll, die sich der Lenz'schen Erzähltradition verpflichtet fühlen, und dass er nicht en passant, sondern im Hamburger Rathaus verliehen wird – das alles ist recht erfreulich.“
Tatsächlich scheint das Feld der Literaturförderung in Hamburg nun gut bestellt: Es gibt die Preise aus der Kulturbehörde für den regionalen Nachwuchs und diejenigen für junge Autoren aus allen deutschsprachigen Ländern (Kühne, Cassens), mit dem Greve- und dem Witter-Preis überdies Auszeichnungen für verdiente Autoren, die selten zum Mainstream gehören. Und mit dem neuen Lenz Preis kommt nun einer dazu, der internationales Literatur-Flair versprüht und durchaus große Namen im Blick hat.