Beim Kaltstart-Theaterfestival im Kulturhaus III & 70 auf dem Schulterblatt überzeugten „Brothers in Arms“ und „Truthahn und Knochen ...“. Ein Kontrastprogramm, das sehenswert ist.

Hamburg. Halbzeit beim diesjährigen Kaltstart-Theaterfestival im Kulturhaus III & 70 mit einem starken Wochenauftakt. Dazu zählt „Brothers in Arms“: Sechs junge Männer stehen auf der Bühne, getrennt durch einen Metallzaun. Symbol für zwei Welten. Sie robben über den Boden, begegnen sich in körperlichen Improvisationen. Treten ans Mikrofon und erzählen. Von Männlichkeit, der Armee, dem Glauben. Fragen, ob man schon mal einen Toten gesehen habe.

Die junge Regisseurin Ana Zirner, Tochter des Schauspielers August Zirner, und der Choreograf David N. Russo haben in „Brothers in Arms“ (Waffenbrüder) in Israel und im Iran – seit der Islamischen Revolution 1979 verfeindete Länder – recherchiertes Material zu einer dokumentarischen Performance aus Text und Bewegung collagiert. Nach einem Theaterstück über die Opposition im Iran darf Ana Zirner selbst nicht mehr in das Land einreisen. Also hat sie je drei Performer in den Iran und nach Israel geschickt, wo diese Interviews mit Soldaten geführt haben.

Das dabei Gehörte kommt nun authentisch und unverstellt über die Rampe, ergänzt durch persönliche Erlebnisse der Performer. Beide Ebenen durchdringen einander, doch der Abend lebt vor allem vom sehr dynamischen Umgang der Künstler mit den Erzählungen der Armeeangehörigen.

Das Kontrastprogramm dazu liefert die zweite Aufführung des Abends. In „Truthahn und Knochen und Essen und es gefiel uns“ der hessischen Theaterakademie haben die Regisseurin Carolin Milner, die selbst für eine erkrankte Darstellerin einsprang, und die Schauspielerin Ines Schiller sich die teils humorvollen, experimentellen Texte der Schriftstellerin Gertrude Stein (1874–1946) angeeignet.

Befremdlich beginnt es. Die ersten 15 Minuten wird der schwere Bühnenvorhang nur kurz unten gelüftet und gibt ein Paar Füße frei. Der folgende Vortrag ähnelt einem Hörspiel. Später kommt es dann doch zu Interaktion. Es geht um ein Thanksgiving-Essen, soviel ist sicher. Das Gesagte könnte einen Psychothriller erzählen, aber auch eine Liebesgeschichte. Das bleibt erfrischend offen. Ein charmantes kleines Sprachkunstvergnügen.

„Kaltstart Theaterfestival“ bis 7.6., Kulturhaus III & 70, Schulterblatt 73; www.kaltstart-hamburg.de