Das Museum für Kunst und Gewerbe zeigt Poster des Pop-Art-Künstlers. Sie kamen als Schenkung eines Sammlers in das Haus am Steintorplatz.

Hamburg. Anfang der 70er-Jahre wurde der amerikanische Künstler Andy Warhol schon als Weltstar gefeiert, allerdings nur außerhalb von Hamburg. Die erste deutsche Ausstellung, die ihm sein Freund Gunter Sachs 1972 in seiner „Galerie an der Milchstraße“ ausrichtete, war ein grandioser Misserfolg. Die Leute kamen zwar, aber nicht wegen Warhol, sondern wegen Sachs. Und da die Galerie fast nichts verkaufen konnte, erwarb Sachs ein Drittel der ausgestellten Werke heimlich selbst und schrieb Warhol nach New York, die Vernissage in der Hansestadt sei ein Riesenerfolg gewesen.

Was damals in Hamburg unverkäuflich war, erzielt auf dem internationalen Kunstmarkt längst Spitzenpreise. Und dank einer generösen Schenkung des Sammlers Claus von der Osten, verfügt die ohnehin bestens bestückte Plakatsammlung des Museums für Kunst und Gewerbe inzwischen auch über einen bemerkenswerten Bestand von Werken des amerikanischen Pop-Art-Künstler. „Posters. Andy Warhol“ heißt die Sommerausstellung, in der Kurator Jürgen Döring die einzelnen Werkgruppen umfassend vorstellt. Zu sehen sind mehr als 100 Poster, zu denen natürlich die allseits bekannten Klassiker wie die Porträts von Marilyn Monroe, Liz Taylor oder Mao gehören, aber auch weniger bekannte Werke, die man Warhol auf den ersten Blick gar nicht unbedingt zurechnen würde. Gezeigt werden außerdem Zeitschriften-Titel, Künstlerbücher und Schallplattencover.

1962 wollte niemand das Motiv mit Campbell’s Tomatensuppe haben

Gleich zu Beginn der Ausstellung sind auf einem nur DIN A4 großen Format „Campbell’s Soup Cans“ zu sehen, jenes heute weltberühmte Plakat, mit dem Andy Warhol 1962 für seine erste Ausstellung in Los Angeles warb. Für das Plakat mit den Suppendosen, erzählt Claus von der Osten, hätte Warhol 100 Dollar haben wollen. „Gekauft hat die Plakate damals niemand, stattdessen stellten die Nachbarn Warhol die originalen Suppendosen vors Haus, die schon für 99 Cent zu haben waren“, sagt der Sammler, der schmunzelnd auch noch das Gerücht erwähnt, Warhol habe sich jahrelang ausschließlich von Campbell’s Tomatensuppe ernährt, was natürlich blanker Unsinn sei. Dabei ist die künstlerische Handschrift bei den allermeisten Werken unverkennbar, selbst wenn die unmittelbare Autorenschaft aufgrund von Warhols Arbeitsweise unterschiedlich bewertet werden muss. Typisch für seine meist großformatigen Grafiken ist einerseits die serielle Produktion, bei der er seinen der Werbeästhetik entlehnten Motive jeweils unterschiedliche, jedoch meist grelle Farben gab. Oft nutzte er auch vorhandene Motive, die er zum Beispiel in Illustrierten fand. So entdeckte er zum Beispiel die Kuh, die er für die berühmte Serie „Cow“ verwertete, in einem Landwirtschaftsmagazin.

„Da es in den USA keine Litfaßsäulen oder anderweitige Flächen gab, auf denen Ausstellungsplakate geklebt werden konnten, wurden die Plakate vielfach von den Galerien per Post verschickt, was man an den Knicken der Faltungen teilweise noch sehen kann“, sagt Kurator Jürgen Döring. Viele der Plakate seien in direkter Verbindung mit Grafikserien entstanden, deren Ausstellungen damit angekündigt wurden. Auch mit Blick auf ein Massenpublikum verlegte sich Warhol zunehmend auf grafische Techniken und beschäftigte sich speziell mit dem Siebdruck. Er habe den Eindruck, dass er jenen, die sich seine Gemälde nicht leisten konnten, Plakate anbieten könne.

Fürs Geschäftliche hatte Warhol ohnehin einen sicheren Instinkt. So nahm er schon Anfang der 70er-Jahre private Aufträge zu Porträts entgegen. Grundlage dafür war meist ein Polaroid, das anschließend in Warhols Atelier, der berühmten „Factory“, in ein Siebdruckgemälde verwandelt wurde, auf Wunsch gern mit zusätzlichen Farbvarianten. Innerhalb seiner letzten 15 Lebensjahre entstanden auf diese Weise wahrscheinlich mehr als 1000 Porträts, die jeweils zwischen 25.000 und 50.000 Dollar kosteten. Zu wahren Ikonen der Kunstgeschichte wurden freilich nur jene Bildnisse, die ohne Auftrag entstanden sind, zum Beispiel Mao. Das Motiv lässt sich übrigens kaum als politisches Statement verstehen, obwohl Warhol durchaus politische Plakate schuf, mit ihnen aber nur wenig Glück hatte. So wurde ein ziemlich polemisches Anti-Nixon-Plakat von den amerikanischen Demokraten ebenso abgelehnt wie ein Wahlkampf-Plakat, das er für die deutschen Grünen schuf, beide sind in der Ausstellung zu sehen. Bemerkenswert ist die damalige Begründung, mit der die Bundesversammlung der Öko-Partei das Motiv in den frühen 80er-Jahren ablehnte: Es sei zu künstlerisch.

„Zu Deutschland unterhielt Andy Warhol einen so engen Kontakt wie zu keinem anderen Land außerhalb der USA“, sagt Jürgen Döring. Hier hatte er mehrere besonders wichtige Galeristen und Verleger und Sammler, die seine Bedeutung schon früh erkannten. Gleich mehrfach reiste der amerikanische Künstler in die Bundesrepublik und besuchte zum Beispiel West-Berlin und Schloss Neuschwanstein. Zu den „German Monuments“, die er neben Neuschwanstein und dem Lübecker Holstentor gestaltete, gehört übrigens auch ein Motiv aus jener deutschen Stadt, in der er zunächst so wenig Erfolg hatte: Es zeigt den farblich verfremdeten Hamburger Michel, jahrelang war es als Konzertplakat an Hamburgs Litfaßsäulen zu sehen.

Posters. Andy Warhol. Museum für Kunst und Gewerbe. Steintorplatz 1, Di–So 10–18 Uhr, Do bis 21 Uhr, www.mkg-hamburg.de