Rund 1200 Gäste folgten der Einladung zu der Verleihung des renommierten Journalistenpreises, darunter Bürgermeister Olaf Scholz und Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen. Publizist Alfed Grosser wurde für sein Lebenswerk geehrt.

Hamburg.Auch wenn der Auftakt zur Verleihung des Henri Nannen Preises 2014, eine rund zehnminütige Performance mit dem Titel „Sanddornbalance“, in seiner zenhaften Ruhe etwas anderes nahelegte: Die deutsche (und internationale) Medienbranche bleibt bewegt. In Aufruhr. Niemals langweilig. In ihrer Begrüßung der rund 1200 Gäste betonte die Gruner+Jahr-Vorstandsvorsitzende Julia Jäkel dann auch das zurückliegende „besondere Jahr für den Journalismus“. Geprägt von Namen wie Edward Snowden. Uli Hoeneß. Cornelius Gurlitt. Namen, Schlagworte, die ohne journalistische Recherchegroßleistungen nicht denkbar wären. „Es gibt etwas zu feiern heute Abend: großartige journalistische Arbeiten. Herausragende Arbeiten von Autorinnen und Autoren“, schwärmte Jäkel. Guter Journalismus sei grundsätzlich für das Funktionieren einer Gesellschaft.

Stellvertretend für diesen Vorzeige-Journalismus wurde bei der Gala auf Kampnagel Laura Poitras für ihren „selbstlosen Kampf um die Wahrheit und Pressefreiheit“ geehrt. Die Journalistin, an die sich Edward Snowden mit seinen Dokumenten erstmals wandte und die entscheidend zum Aufdecken des größten Überwachungsskandals der Menschheitsgeschichte beitrug, nannte die Vorgänge im Gespräch mit ZDF-Moderatorin Marietta Slomka „das Erschreckendste“, was ihr je begegnet sei.

Der per Videobotschaft zugeschaltete Snowden lobte ausführlich Poitras’ Mut: „Das war eine unglaubliche Leistung und persönlich hochriskant.“ Aber: „Es ist ein Schritt zu einer Gesellschaft jenseits des Terrors.“ Ergänzend zu diesem Preis für Verdienste um die Pressefreiheit wurde das Team des Nachrichtenmagazins „Spiegel“ sowie von „Spiegel Online“ für die beste investigative Geschichte ausgezeichnet. In „Kanzler-Handy im US-Visier“ und „Der unheimliche Freund“ deckten die Journalisten den Abhörskandal um Bundeskanzlerin Merkel auf.

Das Rote Kreuz kennt jeder. Dessen Internationales Komitee, das in Krisengebieten, in Gefängnissen und Flüchtlingslagern Leiden lindert, ist weniger bekannt. Dagegen hat Malte Henk im Magazin „Geo“ mit derart viel Sachverstand und Erklärwillen angeschrieben, so die Jury, dass er mit dem Henri in der Kategorie Dokumentation ausgezeichnet wurde. Nach fünf vergeblichen Nominierungen durfte in diesem Jahr der „Zeit“-Redakteur Wolfgang Uchatius einen Henri für seinen Essay „Soll ich wählen oder shoppen?“ mit nach Hause nehmen. Hätte es dieses Mal erneut nicht geklappt, so wäre er „im nächsten Jahr nicht mehr wiedergekommen“, so der Redakteur (halb) scherzhaft.

Weitere im europäischen Alltag nahezu unbekannte Vorgänge spielen sich auf der Sinai-Halbinsel ab. Beduinen foltern dort Migranten, um Lösegeld zu erpressen. Die eindringlichen Bilder, die Fotograf Moises Saman dort aufnahm und die den von Michael Obert dazu verfassten Text begleiten, würdigte die Jury mit dem Henri für die beste Fotoreportage.

Der prestigeträchtigste Preis, der Reportage-Henri, war auch in diesem Jahr der Gala-Höhepunkt. Eindringlich lasen die Schauspielerinnen Claudia Michelsen und Sophie Rois sowie der Schauspieler Joachim Krol Auszüge aus den drei nominierten Reportagen. Es siegte schließlich „Spiegel“-Redakteurin Özlem Gezer für ihre Gurlitt-Reportage „Die Liebe seines Lebens“. „Ein großartiges Psychogramm des Münchner Kunstsammlers“, urteilte die Jury.

Die Gästeliste der diesjährigen Verleihung las sich ein weiteres Mal wie das Who’s Who der deutschen Journalistenszene. Liz Mohn (Bertelsmann Stiftung) ließ sich die Gala genauso wenig entgehen wie die ARD-Intendanten Lutz Marmor und Tom Buhrow. „Spiegel“-Geschäftsführer Ove Saffe, Marietta Slomka, Moderatorin des „heute-journals“, und Caren Miosga von den „Tagesthemen“ lächelten für die Fotografen. Ursula von der Leyen, die Bundesverteidigungsministerin, sorgte allein durch ihre Anwesenheit für ein erhöhtes Sicherheitsbedürfnis aufseiten der Organisatoren. Die Wachsamkeit erhöhten dazu Claudia Roth von den Grünen und natürlich Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz.

Ob so viel journalistische Exzellenz, so viele Honoratioren und Ehrengäste und das übergeordnete Zirkus-Thema zusammenpassen, bleibt aber fraglich. Zum Lachen regte schließlich keine der prämierten Texte an. Aber zum Nachdenken.