Kultursenatorin Barbara Kisseler will sich bei Hamburg-Marketing für eine bessere Präsenz der kleinen Theater in der Stadtwerbung stark machen. Das war eines der Ergebnisse des Privattheater-Gipfels beim Abendblatt.

Hamburg. „Wir müssen in der Öffentlichkeit noch deutlicher herausstellen, dass wir mit den Privattheatern in Hamburg einen gesellschaftlich relevanten Faktor haben, der eine unglaubliche Bandbreite abdeckt“, sagte Kultursenatorin Barbara Kisseler zum Abschluss des Privattheater-Gipfels, zu dem das Hamburger Abendblatt die Leiter von 17 Hamburger Privattheatern eingeladen hatte.

Selten, eigentlich nie, treffen diese Chefs aufeinander. Schließlich sind sie alle Konkurrenten. Oder vielleicht doch nicht? Schnell stellte sich bei dem Treffen heraus, dass jedes Theater eigene Zielgruppen hat, auch wenn sich die Gruppe der Zuschauer natürlich nicht ins Unermessliche steigern lässt. Jedes Theater hat eine eigene Marke. Gemeinsam ist allen – denjenigen, die Subventionen bekommen, ebenso wie denjenigen, die ohne staatliche Zuschüsse arbeiten –, dass sie zu wenig Geld haben. Geld, um die Stücke zu spielen, die – sei es, weil sie zu viel Personal haben oder zu aufwendige Bühnenbilder, weil sie Uraufführungen sind oder sich mit „schwierigen Themen“ beschäftigen – man gerne auch präsentieren würde.

Die Spielplangestaltung ist für alle Privattheater ein ewiges Jonglieren zwischen dem, was man aus langjähriger Erfahrung als „gut verkäuflich“ einschätzt, und dem, was man an neu Entdecktem zeigen möchte. Doch auch da waren sich alle Theaterleiter bald einig, „manchmal zeigt man eine Produktion, bei der man todsicher ist, dass sie ein Erfolg werden wird, und dann verkauft sie sich nicht. Und dann gibt es wieder Inszenierungen, die entwickeln sich völlig unerwartet zum Publikumshit.“

Viele Privattheater wünschen sich eine engere Zusammenarbeit mit den Schulen, mit der Hamburg-Werbung. Das vielfältige und abwechslungsreiche Angebot der privaten Hamburger Bühnen kommt so gut wie nie in der Außenwerbung der Stadt vor.

Ein starkes Manko. Denn Hamburg hat das dichteste Privattheaterangebot aller deutschen Städte vorzuweisen. Und Schüler, das wissen viele Theaterleiter aus langjähriger Erfahrung lassen sich für Theater begeistern. Allerdings nur, wenn diese Arbeit über Jahre fortgeführt wird und die Schüler auch die Möglichkeit erhalten, richtig mitzuarbeiten. Als ein Vorschlag auf dem Gipfel wurde angeregt, die Privattheater sollten für ein oder zwei Theaterpädagogen Geld zusammenlegen, damit diese dann Lehrer und Schüler intensiver ans Theater heranführen können. Die Kulturbehörde wiederum will die Schulen noch besser als bisher über die Angebote der Theater informieren.

Gemeinsame Aktionen als Chance?

Stars aus dem Fernsehen locken Zuschauer an, darin waren sich alle Häuser einig. Auch bekannte Stücke und Autoren sind deutlich schneller ausverkauft als Neues und Sperriges. Und jede Inszenierung, die sich schlecht verkauft, bedeutet ein hohes Risiko für ein Privattheater. Möglicherweise bieten ja gemeinsame Aktionen mehrerer Theater eine Chance, Programme und Veranstaltungen besser publik zu machen.

Eigene Versuche, leere Plätze über Internetanbieter aufzufüllen, die mit Coupons oder Gutscheinen arbeiten, bewerten die Intendanten kritisch. Letztlich führe das System zu einer Schnäppchen-Mentalität bei den Besuchern. So sei es vorgekommen, dass Besucher, die ihre Tickets über Rabattaktionen erworben hätten, bereits in der Pause wieder gegangen seien.

Die Kultursenatorin sagte, nennenswerte Steigerungen der finanziellen Zuwendungen seien im kommenden Doppelhaushalt wegen der Schuldenbremse der Stadt nicht möglich. Mit Blick auf die strukturelle Unterfinanzierung aller Privattheater – viele Häuser können seit Jahren keine Lohnerhöhungen zahlen – strebe sie im übernächsten Haushalt allerdings eine Erhöhung der Zuwendungen an. Dennoch sagte Kisseler den Privattheatern schon jetzt in anderer Hinsicht die Unterstützung der Kulturbehörde zu.

So will die Senatorin sich als Aufsichtsratsmitglied bei Hamburg-Marketing für eine stärkere Präsenz der Privattheater in der Stadtwerbung einsetzen. Auch das Problem fehlender Probenräume, unter dem besonders die kleinen Theater leiden, will sie angehen – gemeinsam mit der Kreativ-Gesellschaft. Kisseler verwies auf Erfolge bei der Umwandlung leer stehender Flächen in Ateliers und von Bunkerräumen zu Übungsräumen im Bereich der Musik. Davon habe zuletzt das Ensemble Resonanz profitiert, das jetzt im Bunker an der Feldstraße probt. Räumliche Kapazitäten seien, so die Senatorin, im Oberhafenquartier und in der Speicherstadt zu erwarten. In kleinerer Intendantenrunde soll hier gemeinsam mit der Behörde nach Lösungen gesucht werden.

Die Chefs der Privattheater diskutierten beim Abendblatt-Gipfel auch die wachsenden gesellschaftlichen Aufgaben der Häuser. Dazu gehörten nach Ansicht von Intendantin Isabella Vértes-Schütter Integrations- und Inklusionsangebote. Im Ernst Deutsch Theater gibt es beispielsweise regelmäßig Aufführungen mit Gebärdensprachendolmetschern.

Viele Theater engagieren sich aktuell stärker im Kinder- und Jugendbereich, was zusätzliche finanzielle Lücken reißt. So erklärte Ohnsorg-Intendant Christian Seeler, die Weitergabe des Plattdeutschen an die nächste Generation sei für sein Haus eine zentrale Aufgabe. Die Studiobühne koste allerdings 100.000 Euro pro Jahr – und könne sich wegen der niedrigen Eintrittspreise für Schüler nicht rechnen. Mit Blick auf das Risiko auch anderer experimenteller Angebote griff die Kultursenatorin den gemeinsamen Vorschlag mehrerer Intendanten auf, diese Produktionen nach Möglichkeit aus der Auslastungsberechnung herauszunehmen. Sie wolle diesen Vorschlag gern prüfen lassen, so Kisseler.