Die Produzenten Henning Kamm und Fabian Gasmia haben eine gemeinsame Produktionsfirma gegründet. „Praia do Futuro“ läuft im Wettbewerb, „Kuzu - The Lamb“ im Panorama.

Hamburg. Wenn heute Abend am Potsdamer Platz mit Wes Andersons „Grand Budapest Hotel“ die 64. Berlinale eröffnet wird, werden zwei Hamburger Produzenten womöglich besonders aufgeregt sein. Henning Kamm und Fabian Gasmia betreiben zusammen die Produktionsfirma Detailfilm. Sie sind an zwei internationalen Koproduktionen beteiligt, die beide prominent im Programm vertreten sind. „Praia do Futuro“ von Karim Ainouz läuft im Wettbewerb, „Kuzu – The Lamb“ von Kutlug Ataman wird im Panorama zu sehen sein. Insgesamt sind neun von der Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein unterstützte Filme an der Spree zu sehen.

„Praia do Futuro“ (Strand der Zukunft) ist eine deutsch-brasilianische Koproduktion. Rettungsschwimmer Donato erkennt in der melancholischen Liebesgeschichte, dass zwei Männer im Wasser in eine Lebensgefahr sind. Er versucht ihnen zu helfen, kann aber nur den deutschen Touristen Konrad retten, aber dessen Freund wird ein Opfer der Wellen. Donato und Konrad entwickeln tiefe Gefühle füreinander. Als der Deutsche abreist, folgt ihm der Brasilianer schließlich. Er wohnt weit weg vom Meer in Berlin. Falls Zuschauern der Strand im Film bekannt vorkommen sollte: Gedreht wurde in der Hauptstadt, aber auch in St. Peter-Ording.

„Kuzu – The Lamb“ erzählt eine Familiengeschichte aus Anatolien. Aus Anlass der Beschneidung des kleinen Mert soll ein Fest gefeiert werden, zu dem traditionell Lamm serviert wird. Aber keiner will dafür ein Tier zur Verfügung stellen. Seine Schwester ärgert ihren Bruder schon damit, der Vater werde wahrscheinlich ihn schlachten, wenn er nicht bald en Tier findet. Regisseur Kutlug Ataman ist ein alter Berlinale-Bekannter. 1999 lief dort sein Film „Lola und Bilidekid“, ebenfalls im Panorama. Obwohl er für das Coming-out-Drama gute Kritiken bekam, wandte sich der Türke nach dem Erfolg vom Spielfilm ab und arbeitete als visueller Künstler. Installationen und Filme von ihm waren danach auf der Documenta, aber auch auf Biennalen in Istanbul, Venedig und Berlin zu sehen. „Kuzu“ markiert Atamans Rückkehr zum linearen existentialistischen Drama.

Ob einer der beiden Filme irgendwelche Preise in Berlin gewinnen kann, muss man abwarten. Grund zum Optimismus müssten Kamm und Gasmia eigentlich haben. In den vergangenen Jahren konnten sie einige Erfolge feiern. Gleich ihr erster kurzer Dokumentarfilm „Wagah“ lief auf allen großen Festivals. Zum Beispiel bei der Preisverleihung der Berlinale 2009 vor dem Abschlussfilm von Costa-Gavras. Festival-Chef Dieter Kosslick rührte für den Film ordentlich die Werbetrommel. „Das hat uns damals tolle Kontakte verschafft“, erinnert sich Kamm. Im vergangenen Jahr produzierten sie „The Special Need“ über einen 29 Jahre alten Autisten, der so gern mal ein sexuelles Erlebnis haben würde. Weil das in seiner Heimat Italien für ihn schwierig ist, unternimmt er mit zwei Freundin eine Reise nach Nordeuropa. Der Film feierte seine Premiere in Locarno und gewann anschließend die Goldene Taube beim DOK Leipzig. Im Frühjahr kommt der Road-Trip durch Europa bei uns in die Kinos.

Dass sie einmal in der Erfolgsspur landen könnten, war für Kamm und Gasmia am Anfang überhaupt nicht abzusehen. Als sie sich trafen, mochten sie einander nicht. „Wir waren uns die ersten Wochen des Studiums nicht richtig grün, aber nach einigen Wochen haben wir dann erkannt, wie großartig der Andere jeweils ist. Weil wir so unterschiedlich sind, ergänzen wir uns perfekt in der gemeinsamen Firma“, sagt Gasmia. 2007 haben sie zusammen Detailfilm gegründet, gehörten zum ersten Jahrgang im Haus der jungen Produzenten auf dem Gelände von Studio Hamburg. Natürlich wollen sie schöne Filme machen, unterhaltsame, aber auch solche, die einen herausfordernden Blick über den Tellerrand wagen.

Zurzeit arbeiten sie an fünf Projekten gleichzeitig. Um die auf die Beine zu stellen, müssen die beiden 36-Jährigen viel reisen. 150 Tage waren sie im vergangenen Jahr für den Film unterwegs, knüpften Kontakte und suchten auf Festivals nach jungen Talenten. „Aber Hamburg ist Heimat. Hier bekommt man den Kopf gut wieder frei“, sagt Kamm. Beide loben die NDR-Initiative „Nordlichter“, mit der filmischer Nachwuchs gefördert werden soll. „Das ist wichtig“, so Gasmia. „Wenn wir diese Unterstützung vor unserem ersten Film gehabt hätten, wäre uns viel erspart geblieben.“

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