Seit dem 1. November kann Sylt1 mit Sendungen wie „Sylt kocht“ und „Sylter Gespräche“ von rund 600.000 Hamburger Kabelanschlüssen mit digitalem Abo oder per Livestream empfangen werden.
Hamburg Schon die Bilder machen Lust auf den Strand, das Meer und die Dünen. Die gibt es ohne Drehgenehmigung umsonst und draußen – da hat es Sylt1 tv leicht. Der Fernsehsender hat seinen Sitz gleich vorn im Syltness Center, an der Kurpromenade in Westerland in Sichtweite der Konzertmuschel und der Wellen. Thema ist die Insel – und die ist ja selbst ihre beste Werbeagentur.
Davon können sich inzwischen auch die Hamburger überzeugen. Nach dem Start im Mai 2013 konnten zunächst etwa 80.000 Kabelkunden im obersten Norden bis Flensburg verfolgen, was auf Sylt los ist. Seit dem 1. November vergangenen Jahres kann Sylt1 nun auch von rund 600.000 Hamburger Kabelanschlüssen mit digitalem Abo empfangen werden — auf Kanal S3, 122 MH, Programmplatz 153 – und außerdem per Livestream. Hamburger sind Stammgäste auf Sylt. Auch sie sind interessiert, was Alice Schwarzer zu dem geplanten Bordell in Westerland sagt, wer Bürgermeister in Westerland wird, wenn Petra Reiber aus dem Amt scheidet, und welche Schäden der Orkan Christian auf Sylt angerichtet hat. Jetzt bekommen sie täglich Nachrichten, Ansichten und Gesprächsstoff von ihrer Lieblingsinsel, 24 Stunden lang.
Die Idee hatte der Medienunternehmer Axel Link, 54, Inhaber der TV Link new media GmbH in Köln und Wahlsylter. Nach 30 Jahren Fernseherfahrung, unter anderem bei der ARD und beim Frühstücksfernsehen, begann er 2007 auf Sylt mit einem Web-TV. „Meine Frau ist Sylterin, wir haben ein Haus auf Sylt“, sagt Link. „Da ich weder gut kochen kann noch Wohnungen vermieten will, musste ich Fernsehen machen.“ Hinter Sylt1 steht kein großer Medienkonzern, betont Link. Teilhaber des Senders sind er selbst, seine Frau Heike Holst und der Bayreuther Verlag BBG, mit dem Link schon mehrfach zusammengearbeitet hat.
Zum Senderteam gehören sechs Mitarbeiter, unter ihnen drei Redakteure. Jeder macht alles, auch Kamera und Schnitt. Sylt, davon ist Link überzeugt, ist eine Insel, die ihr eigenes Vollprogramm hergibt. Zu den Formaten gehören lokale Nachrichten, die in Kooperation mit der „Sylter Rundschau“ entstehen und die Sylt1 in Bilder umsetzt. Wetter ist ein Muss. Reportagen berichten über aktuelle Sylter Ereignisse, vom Neujahrsempfang der Insel-Ärzte bis zur Abschlussparty des Landhauses Stricker.
Zu den festen Einrichtungen gehören außerdem „Sylt kocht“ mit Sylter Köchen und „Sylter Gespräche“, ein Talk mit prominenten Syltern und Gästen, zum Beispiel der Autorin und Sylt-Führerin Silke von Bremen oder dem Kabarettisten Manfred Degen. Die Liste dürfte wegen der Sylter Prominentendichte noch Jahre vorhalten. Jedes Mal beginnt der entspannte Zweiertalk mit Link mit einem freundlichen „Moin, moin“. Es geht immer auch um die privaten Beziehungen zu Sylt – so als sei man hier ganz unter sich.
Alles dreht sich um Syltiges. Urlaub mit dem Hund auf Sylt – wo sind die besten Hundestrände? Ein Sylter Weinhändler stellt das neue Trendgetränk vor: Was ist drin im „Sylter“? Der Morsumer Autor Frank Deppe erzählt Anekdoten, etwa von der Geschichte der Strandburgen auf Sylt. „Söl’ing Lön“, das Heimatmagazin, stellt Sylter Traditionen vor.
Zum Konzept gehört auch, ansässigen Unternehmen in dem Sender eine Plattform zu bieten: Sylt1 fertigt auf Wunsch zweiminütige Imagevideos an. Die Nähe zur Inselwirtschaft ist gewollt. Laut Mediadaten wendet sich Sylt1 an eine Zielgruppe mit „überdurchschnittlicher Finanzkraft“, „Konsumfreudigkeit“ und „Hang zur besonderen Lebensart“, die dringend wissen will: Was können wir unternehmen? Wo gehen wir heute hin? Immerhin gibt es auf Sylt 10.000 Zweitwohnungssitze.
Einen ehrgeizigen investigativen Journalismus bietet das Programm bisher nicht. Kritische Entwicklungen gibt es natürlich auch auf Sylt – etwa die steigenden Immobilienpreise oder die Geburtshilfe, die aufs Festland verlegt wurde. „Wir wollen diese Themen nicht aussparen“, sagt Link. „Aber wir machen in erster Linie ein Gute-Laune-Programm, das die Genussseite von Sylt spiegelt. Alles muss eine Affinität zu der Insel haben. Unser Motto ist: Gönn dir eine Prise Sylt.“
Noch enthält das Tagesprogramm viele Wiederholungen. Aber in Hamburg hat der Sender schon zahlreiche Fans: Die meisten, rund 495.000 Zuschauer, sitzen in Hamburg-Mitte, rund 160.000 in den nördlichen Stadtbezirken, sagt Axel Link. Für ihn hat sich ein lang gehegter Wunsch erfüllt: „Es gibt kein anderes Medium, das Sylt so emotional präsentiert.“