Die Mittelalter-Rocker In Extremo spielen am 1. November in der Sporthalle Hamburg und sind Headliner beim ersten „Metal Hammer Paradise“ am 15. und 16. November am Weissenhäuser Strand.
Hamburg. In den vergangen 18 Jahren haben die mittelalterlich inspirierten Berliner Rocker von In Extremo in so ziemlich allen möglichen und unmöglichen Auftrittsorten zwischen Flensburg und Garmisch und darüber hinaus gespielt. Auf Burgen und Mittelaltermärkten, in Kirchen und Theatern, in klassischen Clubs wie Gruenspan und Große Freiheit 36, im Hamburger Stadtpark, auf der Trabrennbahn und auf den großen Festivals von Wacken bis Rock am Ring. Nicht zu vergessen Kreuzfahrt-Törns wie die „70000 Tons of Metal“ in der Karibik oder im vergangenen Mai die „Full Metal Cruise“ im Ärmelkanal.
Zu erleben, wie Das letzte Einhorn, die Lutter, Dr. Pymonte, Yellow Pfeiffer, Flex der Biegsame, Van Lange und Specki, die verehrten und angespuckten Vaganten, auf dem Pooldeck eines Luxus-Dickschiffs in die Gitarren und Sackpfeifen langten, war so außergewöhnlich grotesk wie lustig. Man kann diese glorreichen Sieben wirklich überall hinjagen, es wird ja doch ein zünftiges Fest.
Daher wird es auch kein Problem für In Extremo sein, am 15. und 16.November ein weiteres Experiment zu wagen: Die Fußtruppen des apokalyptischen Rockexzesses sind Headliner beim ersten „Metal Hammer Paradise“ in der Ferienanlage Weissenhäuser Strand an der Ostsee. Da, wo bei Baltic Soul Weekender und Rolling Stone Weekender schon seit Jahren Festival-Kultur und Resort-Komfort kombiniert werden, sollen nun auch Metalheads angelockt werden, die zwar die Matten kreiseln lassen wollen, aber das ohne Schlamm, Staub und kurze Nickerchen im Iglu-Zelt auf harter Scholle.
Und so spießig und unmetallisch das Ambiente – und das ist es! – auf den Fliesen und dicken Teppichen zwischen Tagungssälen, Schwimmbad und der „bürgerlichen Küche“ im Restaurant Passat erscheinen mag: Die Wege zwischen den Bühnen oder zum eigenen Bad, zum weichen Bett und zu den Vorräten im Apartment-Kühlschrank sind sehr kurz. Schlecht für „Wegbier“-Zecher, die sich in Wacken für den Marsch vom Campingplatz zu den Bühnen einen Sixpack unter den Arm klemmen. Gut für jene, die ein Dixi-Klo als Eingangstor zur Hölle betrachten.
Das Programm hat jedenfalls einigen Zunder: Es gibt klassischen Metal von neuen und alten Meistern wie Saxon, Sabaton, Grave Digger, Anvil, Dragonforce und Helloween und feistes Death-Geprügel von Behemoth, Unleashed und Belphegor. Auf Thrasher warten Sodom und Death Angel, auf Progressive-Enthusiasten Lacuna Coil, My Dying Bride, Tiamat und Paradise Lost und auf Freunde von Proto- und Retro-Metal im Stil der 70er Orchid, Kadavar und Grand Magus. Insgesamt werden es gut 30 Bands sein, dazu kommt ein Rahmenprogramm mit Späßen wie „Bowling gegen Sodom“, Workshops und Autogrammstunden mit Musikern, Fanartikelbörsen, Lesungen, Partys und Metal-Karaoke.
Bevor In Extremo aber Neuland am Ostseestrand betritt, fällt das Ensemble wie bereits vor einem Jahr in der Sporthalle ein. Hamburg ist traditionell ein Stammsitz der großen Fangemeinde, und was auch immer sich Das letzte Einhorn und seine Bande einfallen lassen (Unplugged-Konzerte, intime Fanabende), die Hansestadt wird eigentlich nie ausgelassen. Und mit einem neuen Album auf der Habenseite natürlich schon gar nicht.
Vor wenigen Wochen erschien mit „Kunstraub“ das sechste Top-Ten-Album in Folge. Und auch wenn „Kunstraub“ es nicht wie die Vorgänger „Sængerkrieg“ (2008) und „Sterneneisen“ (2011) ganz an die Spitze geschafft hat, so geht es doch den Weg der Entwicklung der letzten Jahre konsequent weiter. Für Fans der angewandten Musik-Mediävistik ist es keine glückliche Nachricht, dass das Pendel zwischen Mittelalter und Rock, anders als zum Beispiel bei Saltatio Mortis, immer weiter in die Moderne ausschlägt. Aber das Gespür für eingängige Schlachtruf-Melodien („Himmel und Hölle“), Balladen („Die Beute“) und Gute-Laune-Rocker („Lebemann“) ist immer noch da. Und für frivole Zoten wie „Belladonna“: „Du kennst bestimmt das schönste Spiel, komm setz dich auf den Besenstiel.“ Ah, ja. Aber das war zu erwarten bei einem Song, der so heißt wie eine berühmte Darstellerin aus Filmen, in denen nicht geheiratet wird.
So wird es in der Sporthalle optisch Glut und akustisch Blut regnen, „Herr Mannelig“ wird umgehen, „Gaukler“ werden den „Spielmannsfluch“ aussprechen. Und manches „Rasend Herz“ wird der Aufforderung „Küss mich“ Folge leisten. Nach alter Väter Sitte. Rock’n’Roll.
In Extremo, Hassliebe Fr 1.11., 20.00, Sporthalle (U Lattenkamp), Krochmannstraße 55, Karten zu 45,75 im Vorverkauf; www.inextremo.de
Metal Hammer Paradise Fr/Sa 15./16.11.,Seestraße 1, 23758 Weissenhäuser Strand, Tickets inkl. Übernachtungen ab 179,- im Vorverkauf, Tagestickets jeweils 69,-; www.metal-hammer-paradise.de