Am Donnerstagabend wurde am Cinemaxx Dammtor der rote Teppich zur Filmfest-Eröffnung ausgerollt. Filmfestleiter Albert Wiederspiel begrüßte zum Auftakt zahlreiche Prominente.
Hamburg. Hamburger, die das Kino lieben, ihm noch dazu beruflich verbunden sind, kommen um diesen Abend nicht herum. Die Filmfest-Eröffnung ist ein Pflichttermin, ein überaus angenehmer und geselliger obendrein. In der Tat geriet die Eröffnungsgala in diesem Jahr besonders unterhaltsam — ungewohnt unterhaltsam für ein Festival, das den Ruf besitzt, das vielleicht politischste, ernsthafteste deutsche Filmfest zu sein. Dass politisches Engagement und ausdrücklich gute Laune sich keinesfalls ausschließen, bewies Filmfestleiter Albert Wiederspiel, der seinen Auftritt vor rund 1200 geladenen Gästen im Cinemaxx Dammtor hauptsächlich mit etwas bestritt, für das eigentlich eher Berlinale-Chef Dieter Kosslick berühmt ist: Witze.
Insgesamt fünf Witze hatte sich der Hamburger Filmfestchef zurechtgelegt, angefangen bei einer launigen Überlieferung von Neil Armstrongs Mondlandung. „Es geht bei dieser Eröffnung so zu wie bei uns zu Hause. Ich mache schlechte Witze, Gustav singt traurige Lieder, und am Ende wird gut gegessen und getrunken“, erklärte Wiederspiel.
Gustav Peter Wöhler und Band, die bei der Filmfest-Gala beinahe zum Inventar gehören, ließen auch dieses Mal die Zuschauerbeine heftig auf- und abwippen. „Bei Gustav Peter Wöhler in der ersten Reihe zu sitzen, dafür würde man weit fahren“, lobte der Erste Bürgermeister Olaf Scholz in seiner Rede den Entertainer (und Lebensgefährten des Filmfestleiters). Und Wiederspiel erklärte: „Wir sind zwar ein zunehmend politisches Festival, aber wenn wir wollen, können wir auch sehr lustig sein.“
Heiter, mit vielen durch die Luft verteilten Küsschen und großen „Hallo“-Umarmungen, ging es auch vorab auf dem roten Teppich zu. Bevor die Gäste den kanadischen Eröffnungsfilm „Gabrielle“ zu sehen bekamen (nominiert für den Oscar als bester fremdsprachiger Film), begrüßten sich vor den Türen des Cinemaxx-Kinos all jene, die Hamburgs Filmlandschaft mitprägen: Produzenten und Regisseure, Autoren, Funktionäre und natürlich Hamburgs bekannteste Schauspielerinnen und Schauspieler. Nina Petri, Karoline Eichhorn, Hannelore Hoger und Charlotte Schwab sowie Hamburgs „Tatort“-Kommissar Fahri Yardim zog es ebenso ins Kino wie NDR-Intendant Lutz Marmor, Kultursenatorin Barbara Kisseler und Filmförderungschefin Eva Hubert.
Mohammad Rasoulof wurde der Pass abgenommen
Auch das „Gabrielle“-Team präsentierte sich geschlossen auf dem roten Teppich: Regisseurin Louise Archambault hatte nicht nur Produzentin Kim McCraw im Schlepptau, sondern auch ihre beiden Hauptdarsteller, die im Film ein ungewöhnliches Liebespaar geben, Alexandre Landry und Gabrielle Marion-Rivard. Nur einer fehlte auf dem roten Teppich und — natürlich — auch später im Kinosaal: der iranische Filmemacher Mohammad Rasoulof. Ihm wurde der Pass abgenommen; bisher konnte er trotz Einladung nicht nach Hamburg zum Filmfest anreisen. „Wir bedauern das sehr und hoffen, dass Mohammad Rasoulof zur Premiere seines Films am Dienstag anwesend sein wird“, sagte Wiederspiel unter lautem Beifall des Publikums.
Am 1. Oktober zeigt das Filmfest Rasoulofs „Manuscripts Don’t Burn“. Auf die Anwesenheit der jeweiligen Regisseure hat Filmfestleiter Wiederspiel seit Amtsbeginn vor zehn Jahren immer schon großen Wert gelegt. „Wir sind ein Festival der Regisseure. Die spielen bei uns die Hauptrolle“, sagte Wiederspiel, dem es in diesem Jahr gelungen ist, rund 100 Regisseure zum Filmfest nach Hamburg zu locken. Viele heimische Regisseurinnen und Regisseure waren bereits bei der Eröffnungsgala anwesend: Fatih Akin, Hermine Huntgeburth, Lars Jessen.
„Ein multimediales und multifunktionales Ereignis“
Das Filmfest Hamburg sei „nicht nur ein multimediales, sondern auch ein multifunktionales Ereignis“, erklärte Bürgermeister Olaf Scholz in seiner Ansprache. „Es ist für alle, die bewegte und bewegende Bilder, Sounds, Inhalte kreativ erzeugen, ebenso ein Forum wie für diejenigen, die in der Medienstadt Hamburg aus politischer oder kaufmännischer Sicht mit diesen Themen befasst sind.“ Und was für das Filmschaffen gelte, gelte für die Stadt allgemein, so Bürgermeister Scholz: „Nur in einem neugierigen, offenen Milieu lässt sich das Licht suchen, kann man Anschlussfehler vermeiden — oder zu gegebener Zeit ‚Alles auf Anfang‘ stellen“.
Man habe sich ganz bewusst für die Kombination aus einem kontroversen, politischen Abschlussfilm (das palästinensische Drama „Omar“) mit einem Auftakt fürs Herz entschieden, sagte Filmfestchef Wiederspiel. Zumindest der erste Teil dieses Konzepts ging am Donnerstagabend voll auf: Die Liebe zwischen Gabrielle und Martin begleitete die Gäste nicht nur über 100 Filmminuten hinweg, sondern schwirrte auch bei der anschließenden Party im Grand Elysée noch in den Köpfen. Kino kann eben glücklich machen.