Ob Konzerte oder Branchendiskussionen, ob die Verleihung des Open-Air-Preises Helga oder die Präsentation des Online-Gütesiegels „Fairplay“: Das Reeperbahn-Festival lebt von Vielfalt

Hamburg „Wir finden beim Reeperbahn Festival den richtigen Humus, um unser Vorhaben zu diskutieren“, sagte Florian Drücke im 20. Stock der Tanzenden Türme mit Postkartenblick auf St. Pauli, wo er am Donnerstag ein Gütesiegel für Musikangebote im Internet präsentierte. Und was der Geschäftsführer des Bundesverbandes Musikindustrie mit Humus meinte, wurde zum Auftakt des viertägigen internationalen Club-Festivals bereits äußerst deutlich.

Da finden sich Lars Lewerenz und Artur Schock vom sympathischen Remmidemmi-Label Audiolith biertrinkend auf Barkassenfahrt mit Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU). Da ist Hamburgs Kultursenatorin Barbara Kisseler zu beobachten, wie sie der Postpunkband Findus applaudiert, während die sich solidarisch erklärt mit dem von der Kündigung bedrohten Molotow. Da laufen Festivalgänger durch den Regen, um Newcomer wie Abby im Imperial Theater zu erleben. Und da hängen Künstler der Flatstock-Galerie bei frischem Wind ihre Musikposter auf dem Spielbudenplatz auf. Pop trifft auf Politik, Fans auf die Branche, Know-how auf Euphorie. Sprich: Die Widersprüche sind spannend. Und, wie es Veranstalter Detlef Schwarte bei der Eröffnung des Campus-Programms formulierte: „Wir hoffen, dass unser Versuch gewürdigt wird, nicht stillzustehen.“

Er meinte damit vor allem, dass sich das Festival verstärkt dem Thema Digitales und Games zuwendet. Und dass der Internet-nutzende Musikhörer auch Verantwortung trägt, daran appellierte Drücke („der mit dem Humus“) gemeinsam mit Künstlern und Branchenvertretern. Das Gütesiegel mit dem Titel „Fairplay“ soll in der Vielfalt der Angebote jene Streaming-Dienste und Shops kennzeichnen, die rechtlich geschützte Musik, legal bezahlt im Internet anbieten. Wichtig sei dabei, dass es sich um lizensierte Produkte handelt und somit Geld an den kreativen Urheber ausgeschüttet wird. Bei Partnern wie Spotify erscheint das „Fairplay“-Logo von nun an auf der Webseite. Sascha Eigner, Gitarrist bei Jupiter Jones, hofft, dass durch die Orientierungshilfe bei den Nutzern ein Bewusstseinswandel eintritt. Dass sich die Fans noch deutlicher entscheiden, ihre Künstler zu unterstützen.

Ein höchst legaler Weg, Musik zu erleben, ist der Besuch eines Open-Airs. Erstmals verliehen daher das Magazin „Festivalguide“ gemeinsam mit dem Reeperbahn Festival den unabhängigen Festival-Award Helga. Für das kreativste Rahmenprogramm wurde das Hamburger Dockville geehrt. Weitere Preise gingen an Haldern Pop („Feinstes Booking“, „Schönster Zeltplatz“), an das Melt! Festival („Bestes Gewissen“), das Nature One („Bestes Festival National“) und das Tomorrowland („Tollstes Festival International“). Für den überraschendsten Auftritt wurden Macklemore & Ryan Lewis gekürt. Sich Bands live anzusehen, lohnt sich. Auf dem Reeperbahn Festival ist das noch bis in die Nacht zum Sonntag möglich.