Zum dritten Mal steigt an diesem Wochenende in Hamburg ein großes Sängerfest. Unter dem Motto „Starke Stimmen unserer Nachbarn“ reisen Gruppen aus Marseille und Aarhus an.

Kulturkirche Altona. Was ist es nur, das uns am Singen in den Bann schlägt? Auf die menschliche Stimme reagieren wir begeistert, gerührt oder auch zornig, aber in jedem Fall emotional. Gesang, diese klingende Botschaft der Seele, lässt niemanden kalt. Und wenn mehrere Stimmen zu einer Einheit veschmelzen, entfaltet das noch eine ganz andere Magie – für Hörer und Sänger gleichermaßen. Der Zulauf, den all die Kantoreien, Gospelgruppen, Popchöre und Madrigalensembles landauf, landab und auch und gerade in Hamburg haben, beweist es.

Vor zwei Jahren machte das neue Festival „acappellica“ unter Hamburger Vokalfans Furore. Dominique Heidle, Tenor und Zahnarzt, und Frank Schirmacher, Banker und Bass, haben mit viel Enthusiasmus und noch mehr Aufopferung ins Werk gesetzt, was mit einer gutgelaunten Idee begann. Dieses Wochenende steigt die eigenwillige Veranstaltung, die so gut zum Zeitgeist passt, schon zum dritten Mal, und zwar in der Kulturkirche Altona. Unter dem Motto „Starke Stimmen unserer Nachbarn“ reisen Gruppen aus Marseille und dem dänischen Aarhus an. Am Abend ist jeweils Konzert, tagsüber findet der Workshop „Vocal Sensations“ statt. Unter Anleitung des dänischen Sängers Anders Hornshøj studiert ein adhoc gebildeter Chor drei Stücke ein.

Das Ganze ist eine Nummer kleiner als im vergangenen Jahr, mit voller Absicht. „Das große Festival 2012 hat alle unsere Kräfte gekostet“, bekennt Frank Schirmacher. „Andere A-cappella-Festivals finden nur alle zwei oder drei Jahre statt. Wir wollen jedes Jahr präsent sein. Einmal klein und einmal groß.“

Arbeit gibt es in jedem Fall genug. Natürlich ist Schirmacher auch beim Workshop dabei: „Wir beginnen mit einem Morning Singing, am Nachmittag macht Anders Vokalübungen mit uns.“, erzählt er, und in seiner Stimme schwingt seine ganze Begeisterung mit. „Außerdem zeigt er uns ein paar Profitricks, die jeder Teilnehmer dann in den eigenen Chor mitnehmen kann: Wie intoniert man, wie präsentiert man sich auf der Bühne, wie sorgt man für eine gute Dynamik im Chor, was tut man gegen das Abrutschen, wie sorge ich dafür, daß ich als ein Klangkörper wahrgenommen werde?“

Das Sahnehäubchen kommt am Sonntagabend, wenn der Projektchor quasi als Vorgruppe zum Konzert der dänischen Gruppe Vocal Line auftritt. „Vocal Line ist der europäische Chor schlechthin“, freut sich Schirmacher. In den mehr als 20 Jahren ihres Bestehens hat sich die Gruppe mit dem skandinavischen Sound in die vordersten Reihen der A-cappella-Ensembles gesungen. Schon im vergangenen Jahr waren die Dänen bei „acappellica“ dabei; mit 30 Sängern bestreiten sie unter der Leitung von Jens Johansen den Schluss- und Höhepunkt des Festivalwochenendes.

Ein teures Hobby hat Frank Schirmacher sich da zugelegt. Aber es klingt keinen Moment lang, als würde er etwas bereuen. Die Mühen der Sponsorenakquise gehören für ihn zum Geschäft wie für fast jeden Konzertveranstalter der Welt. Für das Männerensemble Lo Cór de la Plana aus Marseille hat die Hamburg Marketing etwas zugeschossen, denn die südfranzösische Hafenstadt ist nicht nur Hamburgs Partnerstadt, sondern dieses Jahr auch Kulturhauptstadt Europas.

Wer die Musik der Gruppe hört, dem wird freilich alsbald klar, dass Marseille weit mehr ist als das, was der gemeine Hanseat sich so unter Frankreich vorstellt. Die Gruppe singt in der südfranzösischen Sprache Okzitanisch, Tambourins rufen orientalische Assoziationen hervor, die verschobenen Rhythmen bringen einen Hauch von Karibik mit hinein.

Und Unterstützung bekommen die Franzosen wiederum von Nachbarn. In dem Fall von unseren allernächsten, nämlich vom Gospelchor St. Martin’s Smile der Lutherkirche in Pinneberg. Motto ist schließlich Motto.

„acappellica 2013“: Lo Cór de la Plana (Support St. Martin’s Smile) Sa 19.00, Eintritt 17,-;

Vocal Line (Support Workshopkonzert) So 17.30, Eintritt 22,-; alle Veranstaltungen Kulturkirche Altona (S Holstenstraße), Bei der Johanniskirche 22; www.acappellica.de