Das Junge Schauspielhaus zieht nach Altona und eröffnet die neue Saison mit „FUN!“ auf einer provisorischen Bühne. Doch bei allen Problemen blicken die Beteiligten optimistisch in die Zukunft.
Hamburg. Hohe Fenster, Säulen, eine umlaufende Empore und viel originales Holzgebälk. Architektonisch schön ist der Raum, er hat charakteristische Eigenwirkung, ist darum nicht neutral und geradezu ideal für ein Theater. Der neue Spielort für das Junge Schauspielhaus, das bisher seine Heimat im Malersaal des Schauspielhauses am Hauptbahnhof hatte, befindet sich in Altona an der Gaußstraße 190 in einem ehemaligen Ausstellungs- und Veranstaltungsraum. „Das ist nur eine Übergangslösung, nichts Langfristiges“, betont Klaus Schumacher, der künstlerische Leiter der 2005 neu gegründeten Sparte. „Aber so können sich unsere Besucher schon mal mit dem neuen Spielort vertraut machen. Wir locken sie in die richtige Richtung, freuen uns auf die Altonaer und hoffen natürlich, dass die Zuschauer, die bisher in den Malersaal kamen, die Reise mit uns machen.“
Die provisorische Bühne wird voraussichtlich ein Jahr bespielt. Der auf demselben Gelände geplante Neubau für Schumachers Jugendtheater und die Theaterakademie wird wohl erst im Herbst 2014 fertig. Den Malersaal aber beansprucht die neue Schauspielhaus-Intendantin Karin Beier für eigene Produktionen. Sie behält jedoch die Jugendsparte weiterhin ins Haus eingegliedert. „Wir stellen die gesamte Infrastruktur zur Verfügung, um den Spielbetrieb zu gewährleisten“, bestätigt der kaufmännische Direktor Peter F. Raddatz. „Vom Papierbogen über die Werbung bis zur Tischlerplatte aus den Werkstätten.“ Auch die jährliche Miete von 600.000 Euro zahle das Schauspielhaus. „Wir bekommen diese Summe zweckgebunden von der Kulturbehörde überwiesen.“ Obwohl sich durch die Eingliederung der Etat des Jungen Schauspielhauses nicht genau bestimmen lasse, belaufe er sich in etwa auf zwei Millionen Euro.
Die erste Produktion am neuen Standort beginnt mit „Spaß“. Schumacher eröffnet die Spielzeit am 21. September mit seiner Inszenierung „FUN!“, in der er James Bosleys gleichnamiges Drama und „Stones“ von Tom Lycos und Stefo Nantsou kombiniert. Beide Stücke behandeln Gewalttaten Jugendlicher nach authentischen Mordfällen in Kalifornien und Australien. Es werden sich also weiterhin Ernst und Spaß die Waage halten, was die Produktionen des Jungen Schauspielhauses auszeichnet und ihm zuletzt zum dritten Mal den Theaterpreis „Der Faust“ für herausragendes Jugendtheater und „Alice im Wunderland“ einbrachte. Die Aufführung war auch in Berlin zur Biennale des Kinder- und Jugendtheaters „Augenblick mal!“ eingeladen.
„Wir werden mit dem neuen Raum spielen, unsere Übernahme-Produktionen ‚Alice’, ‚Wut’ und „Die Gerechten’ werden wir anpassen müssen“, sagt Schumacher. Der Regisseur wird die flexible Bühne und Bestuhlung für 120 Besucher inszenatorisch nutzen und sieht darin auch eine Chance für neue Ideen. „Wir werden ‚FUN!’ in einer Raum-Installation spielen.“ Auf demselben Niveau wie im Malersaal will Schumacher weiter arbeiten. „Es gilt, unsere Qualität zu halten und uns noch zu verbessern. Das Budget und der Stellenplan sind garantiert, die finanziellen Verhältnisse klar.“
Mit dem Neubau soll im Sommer begonnen werden. Die Bauplanung sei abgeschlossen, bestätigt Enno Isermann, Sprecher der Kulturbehörde. Auf den Termin will er sich jedoch nicht festlegen lassen, auch wenn die Verhandlungen über den Mietvertrag zwischen der Kulturbehörde, der Sprinkenhof AG und dem Investor Hans Schmidt-Möbius kurz vor Abschluss stünden. Vorgesehen ist die Erweiterung des Betonbaus, der bisher dem Schauspielhaus als Probebühne diente, die sich nun in Wandsbek befindet. Er wird um eine Etage aufgestockt, an der rückwärtigen Front um 15 Meter und an der vorderen um ein Foyer vergrößert. Dann befinden sich das Junge Schauspielhaus und die aus dem Zeisehallen-Komplex bereits ausgezogene Theaterakademie unter einem Dach. Sie bekommen ein gemeinsames Foyer, erhalten aber eigene Büros, Proben-, Trainings- und Seminarräume und arbeiten weiterhin getrennt. Schumacher verfügt über einen 200-Plätze-Saal und ein Studio mit 100 Plätzen, auch die Schauspiel- und Regie-Studenten erhalten eine Bühne und ein Studio. „Vorübergehend fehlt uns jetzt die eigene Bühne wie in den Zeisehallen“, bedauert die Leiterin der Theaterakademie Sabina Dhein. „Wir müssen durch die Stadt auf der Suche nach Spielmöglichkeiten wandern. Wie Klaus Schumacher rechne ich fest damit, dass wir Herbst 2014 starten können. Dann wird vieles möglich sein. Wir sind zwar keine Ausbildungsstätte für das Junge Schauspielhaus, aber den Studenten kann doch nichts Besseres passieren als der Kontakt zu zwei professionellen Bühnen auf dem entstehenden Theater-Campus.“ Zu dem auch das Thalia Gaußstraße gehört.
Schumacher blickt optimistisch in die Zukunft: „Wir werden uns gegenseitig herausfordern, inspirieren und sicherlich auch über gemeinsame Projekte nachdenken.“ Er findet die neue Konstellation und Raumsituation attraktiv und zum Beispiel sehr geeignet für ein Festival. Doch muss das Junge Schauspielhaus zunächst die Interimszeit überbrücken und mit den Bedingungen fertig werden. „Vor allem wollen wir die jungen und auch die älteren Besucher auf unseren neuen Spielplatz neugierig machen.“