Mit „So was von da“ schrieb Tino Hanekamp ein erfolgreiches Debüt. Jetzt wird der Roman auf der Bühne inszeniert. Ist da jemand aufgeregt?

Hamburg. Tino Hanekamp geht erst die Treppe hinunter ins Untergeschoss des Deutschen Schauspielhauses und dann direkt an den Tresen der Kantine. Dunkles Sakko, dunkles Hemd, die Andeutung eines Lächeln, also alles andere als aufdringlich. Den braunen Lederranzen, den er schon vor knapp zwei Jahren auf der Leipziger Buchmesse immer am Mann hatte, trägt er auch jetzt mit sich herum. Hanekamp ist sofort sehr zugewandt, er beherrscht die Kunst der dezenten Überwältigung, wenn es so etwas gibt. "Willst du auch einen Kaffee?", fragt er einen jedenfalls, er ist ja jetzt hier quasi der Gastgeber.

Hanekamps Roman "So was von da" ist nämlich zu einem Theaterstück umgemodelt worden, und das wird heute Abend im Schauspielhaus uraufgeführt. Hanekamp lungert also, wie er es ausdrückt, seit ein paar Wochen ständig in dem altehrwürdigen Theater herum. Er sei der Teilnehmer eines "Edelazubitheatercrashkurses", erklärt Hanekamp, Jahrgang 1979: ein reifer Lehrling. Den Buchstabenbandwurm nimmt man übrigens gerne, das gilt auch für anderes, das der freundliche Herr Hanekamp so sagt, der ein Freundschaftsenthusiast ist und ein netter Mensch (nach allem, was man über ihn weiß oder zu wissen glaubt). Hanekamp hat früher als Journalist gearbeitet, er weiß, wie es geht, das mit den guten Formulierungen. Und das mit der Selbstironie.

"Man nennt das künstlerische Beratung. Ich bin bei den Proben dabei und sage meine Meinung. Dann tun die Regisseurin und die Schauspieler so, als fänden sie die interessant. Manchmal finden sie sie tatsächlich interessant", sagt Hanekamp.

Lässig! Da nimmt sich einer nicht zu wichtig; einer, der derzeit nach eigener Aussage zwischen "totaler Euphorie" und "absoluter Panik" schwankt und sich vor, während und nach der Premiere zünftig betrinken will. Das würde auch zu Oskar Wrobel passen, dem Helden von "So was von da". Der ist ganz fürchterlich getrieben in Hanekamps ungeheuer lebendigem und gegenwartsgeilem Debütroman. Er muss eine Abrissparty für seinen Club auf die Beine stellen, bevor da, auf dem Kiez, ein gesichtsloser Neubau entsteht. Er muss mit robust zu Werke gehenden Schuldeneintreibern fertig werden und Mathilda zurückgewinnen.

Ein schöner Stoff für die Bühne, skurrile Figuren, schnelle Dialoge, passt. Nicola Bramkamp und Jorinde Dröse, die Regisseurin, schrieben die Bühnenfassung, während Hanekamp in den vergangenen zwei Jahren mit dem eigenen Getriebensein beschäftigt war, zum Beispiel damit, sich, den (ehemaligen) Hamburger Clubbetreiber, seiner Roman- und Bühnenfigur immer ähnlicher zu machen. Tino Hanekamp musste selbst seiner großen Liebe hinterherjagen. "Ich verhielt mich idiotisch, sie schmiss mich raus, ich war alleine, ich kehrte um und eroberte sie zurück." Nüchterne Zusammenfassung, das.

Hanekamp lebte knapp ein Jahr in Berlin, war ewig auf Lesereise ("90 Lesungen, bestimmt"), fuhr mit dem Containerschiff nach Mexiko, gab die Leitung des Uebel & Gefährlich, seines Clubs, in jüngere Hände; es war ein neues Leben, das mit dem Bucherfolg von "So was von da" begann. Mag sein, dass Hanekamp zwischendurch gar keine Lust mehr hatte auf seinen Oskar Wrobel - sie ist spätestens jetzt wieder da, wo der Subkulturhanekamp die heiligen Schauspielhaus-Hallen der Hochkultur betritt. Da ist auch Respekt vor dem Publikum, das teilweise ein anderes sein dürfte als das, welches er kennt. Wird es seinen Stoff und das Stück goutieren? Und: Will es, dass einfach nur eine Geschichte erzählt wird? "Wir machen kein abstraktes Performancetheater", sagt Hanekamp.

Doch, doch, der Hanekamp fühlt sich ganz wohl am Theater und da, klar, auch in der Kantine. Die ist ja in Kulturbetrieb und Bildungsbürgertum durchaus zum Klischee geronnen. Sie ist ein funktionaler Ort, mit gerne "rustikal" genannten Tischen, an denen Künstler ihren Hunger stillen und, nach Premieren, heftig feiern. Wichtig ist jegliche Abwesenheit von Glamour in den Dingen; dafür sind, wenn überhaupt, die Menschen zuständig, die sich hier jetzt sehen lassen. Hanekamp begrüßt Anton Spielmann, der mit 1000 Robota die Musik für die popkulturell aufgeladene Aufführung liefert, und dann schwärmt er von Julischka Eichel, die die Figur Nina spielt. Genau so, sagt er, hat er sich das Mädchen, das die Wände schwarz streicht, vorgestellt, "toll, ich werde von der Inszenierung wirklich beschenkt".

Hanekamp ist bislang nicht so schrecklich oft im Theater gewesen. Wenn eine Aufführung blöd war, hat er sich danach immer gesagt: Genau deswegen bin ich da nicht oft. Wenn sie gut war, hat er sich gefragt: Wieso bin ich da nicht öfter? Er habe keine Sekunde gezögert, als Regisseurin Jorinde Dröse wegen "So was von da" angefragt habe. Vielleicht hat ihn, dem man den einsamen Dichter in der Dachkammer ohnehin nie abnehmen würde, das Theaterstück auch schlicht vor der Einsiedelei gerettet. Im Herbst 2012 war Hanekamp auf Einladung des Literarischen Colloquiums wieder mal in Berlin, zum Schreiben. In einer schönen Villa am Wannsee. Hanekamp arbeitet an einem neuen Buch, es soll um "drei Spinner" gehen, "die die Welt retten".

Aus Hanekamps Äußerungen schließt man, dass er nicht so recht vorankommt; dass er wirklich in den Wald gerannt ist, um die Bäume anzuschreien, muss man aber nicht unbedingt glauben. Sein Lektor hat ihm eine Kalaschnikow geschickt, damit das endlich schneller geht mit dem Schreiben. Keine richtige Waffe, nur ein Foto. Sie hängt jetzt über Hanekamps Schreibtisch, als Motivator. "Ich bat ihn, mir eine Knarre an den Kopf zu halten, damit ich endlich was zu Papier bringe", sagt Hanekamp, und dann erzählt er von den Wonnen, die ihm das Schauspielhaus zuteil werden lässt. Und zwar, wie immer, anschaulich und auf den Punkt: "Ich muss jetzt nicht mehr mit meiner eigenen Scheiße am Schreibtisch sitzen, sondern bin Bestandteil einer Gang."

"So was von da" Die Premiere am 12. Januar ist ausverkauft. Weitere Vorstellungen am 19.1., 24.1., 7.2., 15.2., 22.2. (je 20 Uhr) und am 3.3. um 18 Uhr