Nach zwei bösen Wochen für deutsche Zeitungen gab es wenig Anlass zum Feiern - doch der Ball steigt seit Jahren Ende November.

Berlin. Die Ballgäste flanierten über einen schwarzen Teppich. Die Fotowand mit den Sponsoren des Bundespresseballs glitzerte dunkel, davor stakste ein künstlicher Riesenvogel mit schwarzem Gefieder. Das düstere Design passte äußerlich zum Krisenmonat des deutschen Zeitungsmarktes, in dem bekannte Blätter ihr Ende ankündigten. Doch vom Feiern wollten sich am Freitagabend in Berlin die wenigsten Journalisten und Manager abhalten lassen. Die Politik gab sich erst recht gelassen und verwies auf neue Medien.

Die „Frankfurter Rundschau“ meldete Insolvenz an, die „Financial Times Deutschland“ wird eingestellt, die „Abendzeitung Nürnberg“ war schon Ende September zum letzten Mal erschienen. Bundespräsident Joachim Gauck kommentierte diese Entwicklung auf dem Weg zum Ballsaal im Hotel Intercontinental recht lapidar: „Wir werden immer Zeitungen haben, wir wissen nur nicht wie viele.“ Ähnlich sahen es anwesende Mitglieder des Bundeskabinetts.

„Ich halte die Printmedien für sehr wichtig“, ließ sich Angela Merkel (CDU) ein – allerdings in ihrer wöchentlichen Videobotschaft. Dem Ball blieb die Kanzlerin wie immer fern. Ebenso übrigens wie aktuell die SPD-Troika Peer Steinbrück, Sigmar Gabriel und Frank-Walter Steinmeier sowie Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit.

Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) „beschäftigt nicht so sehr die Medienkrise“ – ihn beschäftigten die Krisen in der Welt, wie er betonte. Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) sah andere Medien auf dem Vormarsch. „Es gibt keine Wirtschaftsbranche, die immer das gleiche Geschäftsmodell verfolgt hat.“

Mitleidig reagierte der parlamentarische SPD-Geschäftsführer Thomas Oppermann: „Das ist ein bitterer Wermutstropfen für diesen Ball.“ Seine pessimistische Prophezeiung: „Langfristig werden gedruckte Zeitungen in 20 oder 30 Jahren Nischenprodukte sein.“ Die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth im dunkelgrünen Kleid mit Metall- Collier zeigte sich betroffen: „Es ist wirklich ein Schatten heute dabei.“

In seiner Eröffnungsansprache erinnerte der Ballorganisator Alfred J. Gertler noch kurz an die Krise und hoffte auf den Erhalt von Arbeitsplätzen. Dann spielte die Big Band Wiener Walzer. Der Ball mit dem Motto „Perpetuum Mobile“ war eröffnet.

Gauck und seine Lebensgefährtin Daniela Schadt verließen nach dem Eröffnungstanz zügig die Tanzfläche. 800 Gäste an den Tischen im Ballsaal widmeten sich dem Menü, 1700 Flanierbesucher den Buffets mit Austern, Thunfisch, Entenleberpastete und Pulpowürfel. Dazu gab es 5000 Flaschen Wein, Sekt und Champagner und um Mitternacht die traditionelle Currywurst.

Die Partystimmung litt kaum unter dem Aus für die bekannten Blätter. Neben der politischen Prominenz feierten Fernsehmoderatoren wie Ulrich Deppendorf, Caren Miosga oder Gaby Bauer und die Schauspieler Andrea Sawatzki – wie die First Lady in weinrot – mit ihrem Mann Christian Berkel. Der Mode-Designer Michael Michalsky amüsierte sich im ungewohnten Smoking („Man kann ja nicht im Trainingsanzug herkommen.“).

Gauck enterte gegen 1.00 Uhr die Hauptbühne und beglückwünschte die Frontfrau der Harlem Gospel Singers mit Wangenküssen: „Die waren ja auch so toll.“ Um 1.30 Uhr endete die Party für den Bundespräsidenten und seine Freundin.

Derweil spielte in der Raucherlounge eine Band: „Ich will zurück nach Westerland“ (Die Ärzte) oder „Die Biene, die ich meine, die heißt Maja“ (Karel Gott) – begeistert mitgesungen von Damen und Herren mittleren Alters in Abendkleid und Smoking.

Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) hielt es dort tanzend bis nach 4.00 Uhr aus. Die letzten Gäste schafften noch gut zwei Stunden mehr. Dann dröhnten die Staubsauger.