Anlass zum Feiern gibt es für die Branche wenig – doch der Bundespresseball steigt nun mal seit Jahren Ende November.
Berlin. Eine Krise wie in diesem Herbst haben die Zeitungen in Deutschland noch nicht erlebt. Die „Financial Times Deutschland“ erscheint am 7. Dezember letztmals, vor zehn Tagen meldete die Traditionszeitung „Frankfurter Rundschau“ Insolvenz an. Im Oktober war dies bei der Nachrichtenagentur dapd der Fall. Anlass zum Feiern gibt es für die Branche wenig – doch der Bundespresseball steigt nun mal seit Jahren Ende November. Und so trafen sich auch 2012 zu dem Großereignis rund 2.500 Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Medien in Berlin.
Die Stimmung von den Hiobsbotschaften verderben lassen wollten sich an diesem Freitagabend die wenigsten. Feste feiern, schien die Devise zu lauten – und auch der schwarze Teppich im Eingangsbereich des Hotels Intercontinental trug nicht zur Schwermut bei. Thema war die Krise auf dem 61. Bundespresseball aber trotzdem.
Bundespräsident Joachim Gauck sagte, Zeitungen werde es immer geben, man wisse derzeit nur nicht, wie viele. Es stünden Veränderungen in der Medienlandschaft an. Ähnlich äußerte sich Vizekanzler Philipp Rösler: „Die Zeitungslandschaft ändert sich, die Lesegewohnheiten ändern sich. Darauf müssen sich die Verlage einstellen“, sagte der FDP-Vorsitzende, während sich langsam über ihn ein schwarzer Vogel beugte – ein verkleideter Artist auf Stelzen.
FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle fügte hinzu, er sei traurig, wenn es weniger Zeitungen gebe. Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) erklärte, Zeitungen müssten eben innovativ sein. Sein Kollege aus dem Verkehrsressort, Peter Ramsauer (CSU), erklärte lapidar, es gebe keine Wirtschaftsbranche, die immer gleich bleibe. Seine vier Töchter hätten ein völlig anderes Medienverhalten als er.
Betroffen von den jüngsten Entwicklungen auf dem Zeitungsmarkt zeigte sich SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann: „Das sind bittere Wermutstropfen für diesen Ball.“ Man müsse sehen, wie ein hochwertiger Printjournalismus erhalten werden könne. Grünen-Chefin Claudia Roth, meinte, sie sei traurig über diese Nachrichten, es müsse etwas passieren. „Es ist wirklich ein Schatten heute dabei.“
Im großen Festsaal war der dann aber nicht zu sehen. Bundespräsident Gauck tanzte schwungvoll den Eröffnungswalzer. Und er wolle auch danach weitertanzen, wenn seine Knie mitmachten. An den reich gedeckten Buffets drängelten sich die Gäste: Gereicht wurden Austern, Thunfisch, Schwarzfederhuhn und erlesene Trüffel. Dazu floss der Champagner in Strömen.
Trotz der erlesenen Speisen: Die ganz große Anziehungskraft scheint der Ball zumindest für die Politik nicht mehr zu haben. Wie immer hatte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) abgesagt. Auch die SPD-Granden Peer Steinbrück, Frank-Walter Steinmeier und Sigmar Gabriel glänzten durch Abwesenheit. Für den Glamourfaktor sind aber ohnehin andere zuständig. Modedesigner Michael Michalsky, die Schauspieler Christian Berkel und Andrea Sawatzki zählten ebenso dazu wie die Moderatorinnen Caren Miosga, Dunja Hayali und Gabi Bauer.
Abgesagt hatte dagegen Gruner + Jahr-Vorstandsmitglied Julia Jäkel. Sie hatte am Vormittag der Belegschaft der „Financial Times Deutschland“ in Hamburg mitgeteilt, dass die Zeitung zum 7. Dezember eingestellt wird.