Nach seinem Anruf beim ZDF musste Sprecher Hans Michael Strepp zurücktreten. CSU-Parteichef Horst Seehofer fordert Aufklärung.
München/Mainz. Die CSU sieht sich auch nach dem Rücktritt ihres Sprechers Hans Michael Strepp heftigen Vorwürfen zum Thema Pressefreiheit ausgesetzt. Parteichef Horst Seehofer wandte sich am Donnerstag gegen Spekulationen, hinter dem umstrittenen Anruf von Strepp beim ZDF zu stecken. Er forderte zugleich eine weitere Aufklärung des Vorgangs im ZDF-Fernsehrat.
Strepp hatte Seehofer am Mittag gebeten, ihn von der Aufgabe des Pressesprechers zu entbinden. Der CSU-Chef bezeichnete den Rücktritt als „unvermeidlich“. Ein Parteisprecher sei „die Schnittstelle zu den Medien“. Deshalb habe Strepp seine Aufgabe angesichts der unterschiedlichen Bewertungen seines Anrufs beim ZDF „einfach nicht fortführen“ können. Die Nachfolge sei noch offen.
Unstrittig ist, dass Strepp am Sonntag in der „heute“-Redaktion des ZDF angerufen hatte. Dabei versuchte er dem ZDF zufolge, einen Bericht in der Hauptnachrichtensendung um 19.00 Uhr über den Landesparteitag der bayerischen SPD in Nürnberg und die Nominierung von Münchens Oberbürgermeister Christian Ude zum SPD-Spitzenkandidaten für die Landtagswahl 2013 zu verhindern. Strepp hat diese Darstellung bestritten.
Auch eine SMS von Strepp
ZDF-Intendant Thomas Bellut sagte jedoch: „Die Intention des Anrufs war eindeutig.“ Das ZDF lasse aber keine politische Einflussnahme auf seine Sendungen zu. Bellut fügte hinzu: „Wir werden den Vorgang im für die Chefredaktion zuständigen Ausschuss des Fernsehrats behandeln.“ Neben dem Anruf habe Strepp auch noch eine SMS an den ZDF-Landesstudio-Leiter Ulrich Berls geschickt, in der er sich nach dem geplanten Umfang der Berichterstattung über den SPD-Landesparteitag erkundigt habe.
Das ZDF zitierte zudem den „heute“-Redakteur, mit dem Strepp gesprochen hatte. Dieser fasste das Telefonat wie folgt zusammen: „Er fragte, ob wir wüssten, dass weder die ARD noch Phoenix über den SPD-Landesparteitag berichten würden. Er sei informiert, dass wir einen Beitrag planten. Weit davon entfernt in das Programm reinzureden, wolle er aber doch rechtzeitig zu bedenken geben, dass es im Nachklapp Diskussionen geben könnte, wenn das ZDF im Alleingang sende.“
Auch die ARD bestätigte, dass Strepp sich über die Berichterstattung zum SPD-Landesparteitag erkundigt habe. Der Leiter des ARD-Hauptstadtstudios in Berlin, Ulrich Deppendorf, sagte, dass einer der drei vom Bayerischen Rundfunk (BR) entsandten Hauptstadtkorrespondenten eine SMS vom CSU-Sprecher erhalten hatte. Dass Parteivertreter sich in Redaktionen der Sender über eine andere Partei erkundigen, sei „in der Tat unüblich“.
Schlagabtausch im Landtag
Mit der Affäre befasste sich am Nachmittag der bayerische Landtag. Dabei warf die Opposition Seehofer vor, hinter der versuchten Einflussnahme auf die „heute“-Redaktion zu stehen. So sagte SPD-Fraktionschef Markus Rinderspacher: „Herr Seehofer, das war eine Auftragsarbeit von Ihnen.“ Die CSU befürchte den Machtverlust bei der Landtagswahl im Herbst 2013.
Grünen-Fraktionschefin Margarete Bause rief Seehofer zu: „Sie haben Angst, sonst müssten Sie nicht so handeln.“ Sie fügte hinzu: „Es geht hier nicht um einen Herrn Strepp. Es geht hier um den Chef des Herrn Strepp.“ Der Freie-Wähler-Vorsitzende Hubert Aiwanger empfahl der CSU, „von Ihrer Großmannssucht runterzukommen“.
Seehofer ergriff das Wort und versicherte erneut, dass nicht in die Affäre verwickelt war. Strepp habe zudem versichert, auch nicht im Auftrag anderer CSU-Politiker gehandelt zu haben. Bis zur Aufklärung des Vorfalls müsse Fairness sowohl gegenüber Strepp als auch mit dessen Gesprächspartner vom ZDF gezeigt werden.
Kritik an der CSU kam allerdings auch vom Koalitionspartner. Bayerns FDP-Fraktionschef Thomas Hacker sagte der Zeitungsgruppe „Straubinger Tagblatt/Landshuter Zeitung“, die CSU agiere „nach dem Motto: bevormunden, beeinflussen, drangsalieren.“ Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) sagte der „Passauer Neuen Presse“: „Die gerade noch rechtzeitig erfolgte Rücktrittserklärung verhindert eine weitere Beschädigung des Ansehens der Politik und der Pressefreiheit.“