Die Zeitungen sehen eine weiterhin gute Zukunft vor sich – allerdings nicht ausschließlich auf dem Papier. Die Digitalisierung schreckt sie nicht.
Berlin Die Zeitungen sind gerüstet für die Zukunft. Die Politik solle aber die fälligen Rahmenbedingungen schaffen. Diese Ansicht vertrat der Präsident des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger (BDZV), Helmut Heinen (Herausgeber der „Kölnischen Rundschau“) am Montag zum Auftakt des zweitägigen Zeitungskongresses in Berlin. „Unsere Verlage haben alle Voraussetzungen, als Gewinner aus der digitalen Veränderung der Medienkultur hervorzugehen“, sagte Heinen. Die Digitalisierung biete die Chance, die Inhalte auf vielen verschiedenen Plattformen gleichzeitig auszuspielen.w
Die Reichweite der gedruckten Zeitung werde pro Erscheinungstag von mehr als 72 Prozent der Bürger über 14 Jahren gelesen. Damit sei die Reichweite stabil hoch. 40 Prozent der Menschen über 14 Jahren seien auf den Verlagswebseiten unterwegs. Die Zeitungsauflage indes sinkt seit Jahren stetig. Um die Herausforderungen wirtschaftlich zu bestehen, seien aber vielerorts größere unternehmerische Einheiten nötig, so Heinen zur Zeitungskonzentration. Während die meisten Medienhäuser ihre Hausaufgaben für die digitale Zukunft gemacht hätten und erste Versuche mit einer Bezahlschranke im Internet liefen, stünden dringend erwartete politische Entscheidungen indes noch aus.
Heinen verwies dabei auf das Leistungsschutzrecht, das – wenn auch in einer „sehr kleinen Lösung“ – nun als Gesetzesentwurf vorliege, die Gesetzesnovelle zur Briefmarktliberalisierung und eine Lockerung der Regelungen zur Pressefusionskontrolle. Finanzielle Hilfen vom Staat wollten Verleger nach wie vor nicht, „die Wahrung der Staatsferne ist für uns in Stein gemeißelt“, sagte Heinen. Allerdings müssten die Rahmenbedingungen einen fairen Wettbewerb ermöglichen, dies sei noch nicht der Fall.
Wettbewerbsverzerrungen bestünden für Zeitungsverlage nicht nur mit der Post und der „Quasi-Monopolsuchmaschine Google“ mit ihren intransparenten Regelungen zur Auffindbarkeit redaktioneller Inhalte, sondern auch nach wie vor mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Im Streit um die „tagesschau-App“ stehe nun am 27. September ein Urteil des Kölner Landgerichts an, nachdem eine außergerichtliche Einigung scheiterte.
Zentrales Thema der Tagung war zu Beginn der Dialog mit der Politik. Der Vorsitzende des Medienpolitischen CDU-Expertenkreises, Franz-Josef Jung, und Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) sprachen sich für starke Zeitungen und auch für das Leistungsschutzrecht aus. Scholz mahnte zugleich an, die Verleger könnten nicht einerseits gegen den freien Netzzugriff auf ihre Inhalte predigen und zugleich bei der Themensuche in den Suchmaschinen schnell gefunden werden wollen.
Auch der Präsident des Europäischen Parlaments, Martin Schulz, Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) und der Bundesbeauftragte der Piraten für Urheberrechtskonzepte, Bruno Kramm, sollten noch am Montag zu Wort kommen. In einem Streitgespräch zwischen Chefredakteuren stehen am Dienstag Relevanz und Qualität im Journalismus auf dem Programm.
Der deutsche Zeitungsmarkt sei mit 300 Unternehmen und 130 eigenständigen Vollagenturen nach wie vor einer der stärksten weltweit. Die Zahl der Lokalausgaben habe in den vergangenen vier Jahren sogar von 1509 auf 1532 leicht zugenommen. Nach wie vor sei regionale und lokale Berichterstattung ein wichtiges Pfund der Zeitungsbranche, dies werde auch im Internet inzwischen gut genutzt.