Das Ensemble Modern hat junge chinesische Musiker in Sachen Avantgarde gecoacht. Zu hören beim Schleswig-Holstein Musik Festival
Europa exportiert Stahl und Autos nach China, China flutet europäische Märkte mit raffiniert bis halblegal hergestellten Konsumprodukten. Man kann gegen die Globalisierung manches haben - zumindest in musikalischer Hinsicht hat sie auch ihre Vorzüge. Die gegenseitige Faszination ist jahrhundertealt, die klingenden Chinoiserien in Puccinis Märchenoper "Turandot" sind nur eins von vielen Beispielen.
Um den Austausch der Kulturkreise in die Gegenwart zu holen, hat die Ernst-von-Siemens-Musikstiftung, eines der bedeutendsten Institute der Musikförderung überhaupt, 2010 ein ganz besonderes Programm gestartet: Unter Anleitung des Frankfurter Ensemble Modern und des niederländischen Dirigenten Kasper de Roo haben ausgewählte Studenten des Central Conservatory of Music in Peking Repertoire des 20. und 21. Jahrhunderts einstudiert. Die gemeinsame Arbeit war der Gründungsakt des Ensemble ConTempo Beijing, das am Wochenende zum Schleswig-Holstein Musik Festival kommt und sein erstes Konzert außerhalb Chinas gibt. Aber die jungen Chinesen liefern nicht einfach eine Reihe von Stücken ab. Vielmehr haben sie die in Peking begonnene Arbeit fortgesetzt und mit ihren mitteleuropäischen Mentoren ein Programm vom Allerfeinsten erarbeitet - und vom Allerschwersten.
Den Anfang machen die Pekinger mit Hindemiths Kammermusik für zwölf Soloinstrumente; sie kontrastieren dieses Werk der klassischen Moderne mit den quasi druckfrischen "Whispers of a Gentle Wind" von Jia Guoping aus dem Vorjahr. Herzstück des Abends wird die Uraufführung von "Mondlicht - Stadtmauer - Prosadichtung" von Li Bo. Der hat damit nicht nur den ersten Preis des chinesisch-deutschen "ConTempo"-Kompositionswettbewerbs gewonnen, sondern auch den Paul-Hindemith-Preis 2012, der an diesem Abend übergeben wird. Die mit dem zweiten und dritten Preis des ConTempo-Wettbewerbs ausgezeichneten Werke werden am Sonnabend (16 Uhr) in der Lübecker Musikhochschule uraufgeführt.
Gemeinsam spielen das Ensemble ConTempo und das Ensemble Modern nach der ersten Pause "Atlas Eclipticalis" von John Cage. Und den Schluss machen die Frankfurter allein mit Klassikern der zeitgenössischen Musik von John Adams und Steve Reich.
"Moderne im Dialog" So 12.8., 19.00, Rolf-Liebermann-Studio (U Hallerstraße), Oberstr. 120, Restkarten zu 28,-: T. 0431/23 70 70; www.shmf.de