Ulrich Khuon verlässt nach neun äußerst erfolgreichen Jahren das Thalia-Theater für das Deutsche Theater in Berlin. Vor dem großen Abschiedsfest am Freitagabend fiel für ihn der letzte Vorhang.

Hamburg. Haben wir nicht alle ein bisschen gebibbert damals, im Sommer 2000, als Ulrich Khuon als Intendant am Thalia-Theater anfing? 15 Jahre hatte Jürgen Flimm das Theater geleitet, eigentlich geschmissen. Das Ensemble hatte man lieb gewonnen, die Feste gefeiert und sich bei den großen Erfolgen des Theaters – etwa den Inszenierungen von Bob Wilson – daran erfreut, dass man in der wichtigsten Theaterstadt des Landes Zuschauer sein konnte.

Dann kam Khuons Crew und zeigte uns schon in der ersten Spielzeit Aufführungen wie „Liliom“, „Thalia Vista Social Club“ oder „Celebration“. Alles war ganz anders und doch wie immer. Man gewann das Ensemble lieb, konnte Feste feiern und sich daran freuen, dass man Zuschauer in der wichtigsten Theaterstadt des Landes sein konnte. Keine Frage, das Thalia-Theater hat sich – neben den Münchner Kammerspielen – als beste deutsche Bühne etabliert. Freitag war die letzte Vorstellung, „Onkel Wanja“. Danach gab’s dann ein großes Fest.

Wie oft hat man hier gesessen und gedacht: „Was wird das wohl wieder heute Abend?“ Und sah dann gebannt und glücklich einem kompletten Lebensentwurf zu, menschlichen Schicksalen in all ihren Facetten, in „Das Fest“ etwa oder „Das letzte Feuer“. Wo sonst, als in diesem Theater, hätte man so genau und wahr, so unerbittlich und tröstend in anderer Menschen Leben hineinschauen dürfen? Warum zwei sich lieben, aber doch nicht ansehen können („Viel Lärm um Nichts“), den Zusammenbruch der Illusion vom Eheglück („Nora“) oder den eisigen Machtkampf zweier Frauen („Maria Stuart“) haben wir brennglasartig im Theater mit verfolgt. Warum das hier besser gelang als anderswo? Weil man sorgfältig war, weil man ergründete, wo, warum und wann Konflikte oder Leidenschaften entstehen, und für alle Regungen einen präzisen Ausdruck fand.

Schon rein zahlenmäßig beeindruckt die Bilanz der letzten Jahre. 73 Auszeichnungen hat das Theater bekommen und sich bei 231 Einladungen auf der ganzen Welt präsentiert. Mit 893 Vorstellungen und 290.500 Besuchern in der vergangenen Spielzeit hat das Thalia Werte erreicht, an die kein anderes deutsches Theater herankommen wird.

Freuen wir uns, dass wir all das hatten, wünschen wir Ulrich Khuon und seinem Team in Berlin viel Glück und erwarten wir neugierig und gespannt Joachim Lux, der mit seinem Ensemble am 3. September die neue Thalia-Spielzeit eröffnet.